Wärme

Würzburg: Notlösung zeigt Alternative für kommunale Wärmewende auf

Primär mit Müll und ohne eine zusätzliche Tonne Gas zu verbrennen, haben die Stadtwerke im vergangenen Winter die Stadt mit Wärme versorgt. Übers ganze Jahr gesehen wurde sogar massiv Gas eingespart.
20.04.2023

Blick auf die Würzburger Altstadt und die Festung sowie den Main: Seit der jüngsten Modernisierung des Heizkraftwerks können die Stadtwerke die Abwärme ins Fernwärmenetz oder den Wärmespeicher einspeisen und müssen diese nicht mehr in den Fluss ableiten.

Für die kommunale Wärmewende gilt es grundsätzlich, Wärmepotential vom Sommer in den Winter zu bringen. Im Würzburger Müllheizkraftwerk hat man das in der zu Ende gehenden Heizperiode eine erfolgreiche Lösungsvariante durchexerziert – als Reaktion auf die im Raum stehende Gefahr einer Gasmangellage.

Der Müll wurde dabei bereits im Sommer balliert und eingelagert, um im Winter mehr Wärme produzieren zu können und Gas zu sparen.

Aus dem Zweckverband Abfallwirtschaft kam vom Vorsitzenden Oberbürgermeister Christian Schuchardt die Idee, Müll für die Wintermonate vorsorglich und auf Halde zu lagern.

Zwei strategische Zwischenlager

„So wird Energie aus dem Sommer in den Winter verlagert, um dann im Winter einen sicheren Zweilinienbetrieb im MHKW zu gewährleisten. Dieser bietet eine Fernwärmegrundlast, um im Zusammenspiel mit dem HKW mit einem geringeren Erdgasverbrauch die Wärmeversorgung in Würzburg zu garantieren“, so Alexander Kutscher, Geschäftsleiter des MHKW. Bereits seit 2015 habe man begonnen, zwei strategische Zwischenlager anzulegen.

"Waren in der Lage, auf Markt-Kapriolen so zu reagieren, dass...."

„Wir haben durch geschickte Mengensteuerung und durch die intelligente Lenkung des Kraftwerksverbundes Wärmeversorgung mit Gas-Einsparung erzielt, ohne eine zusätzliche Tonne zu verbrennen“, so  Kutscher.

„Zudem waren wir in der Lage, in Folge der Flexibilität und Verfügbarkeit im MHKW auf die Markt-Kapriolen so zu reagieren, dass der WVV-Konzern keinen großen wirtschaftlichen Schaden genommen hat,“ ergänzt Armin Lewetz, Vorstand der Stadtwerke Würzburg AG.

Der Müllvorrat aus dem Jahr 202"2 konnte den ganzen Winter verwendet werden, erst kürzlich wurde er aufgebraucht.

Gute Voraussetzungen durch Wärmespeicher und neue Dampfturbine

Gute Voraussetzungen für dieses Konzept waren in den Jahren zuvor unter anderem durch die Modernisierung des Heizkraftwerks (HKW) an der Friedensbrücke geschaffen worden. Dort konnten durch den Einbau des Wärmespeichers und der neuen Dampfturbine 4 Flexibilität und Effizienz gesteigert werden.

Mit der Dampfturbine 4 wurde eine Entnahmegegendruckturbine eingebaut, die die Abwärme nicht mehr in den Main, sondern in Form von Heißwasser ins Fernwärmenetz oder in den Speicher einspeisen kann.

Zwei kleinere Heizkraftwerke können unterstützen

Diese Idee  geht einher mit einer hohen Verfügbarkeit im MHKW, um die Flexibilität am HKW ausnutzen zu können. Das HKW kann mit dieser Strategie somit in der Übergangszeit und in den Sommermonaten zyklisch betrieben werden:

Es wird ans Netz genommen zu Zeiten, in denen man am Markt wirtschaftlich Strom erzeugen kann und wird bei geringerer Fernwärmelast abgestellt. Die Wärmeversorgung der Stadt wird dabei über das MHKW und den Wärmespeicher am HKW geleistet, nötigenfalls unterstützt durch zwei kleinere Heizwerke.

Damit wird Gas eingespart und man kann sich stärker am Strommarkt orientieren. „Dieses Zusammenspiel haben wir uns schon vor einigen Jahren ausgedacht“, so Armin Lewetz.„ Die Gasmangellage hat das im Endeffekt in der Umsetzung und Ausprägung nur beschleunigt und forciert“.

Marktlage zwang Stadtwerke zur umfassenden Nutzung der Flexibilität

Das ursprüngliche Ziel sei gewesen, von April bis Oktober das HKW mit einem zyklischen Betrieb mit hoher Effizienz zu betreiben und den Speicher täglich im Einsatz zu haben. „Das hat sich letztes Jahr in den Sommermonaten unerwartet viel schneller und präsenter eingestellt als gedacht. Die Gasmangellage und die Volatilitäten am Markt beim Strom- und Gaspreis haben uns aufgefordert, diese Flexibilität auch anzuwenden“, so Lewetz.

Man habe das MHKW zyklisch betrieben, weil es ökologisch sinnvoll gewesen sei. Zudem habe man damit die Flexibilität gehabt, um sich den volatilen Märkten entsprechend entgegenstellen zu können. "Damit haben wir, im Vergleich zum Wirtschaftsplanansatz, 27 Prozent Edgas eingespart, das entspricht rund 55.000 Tonnen CO2“, erklärt der Geschäftsführer der Stadtwerke AG.

Verschiedene Ansätze der kommunalen Wärmewende

Solche Lösungen dürfen keine Ausnahme bleiben. Im Zuge der Wärmeleitplanung müsse nun geklärt werden: Was muss wann und mit welchem Potenzial getan werden, um bis 2045 klimaneutrale Wärmeversorgung in Würzburg sicherzustellen?, fragt Lewetz.

Die Verlagerung von Müllmengen stelle dabei eine Variante dar. Der Winter 2022/23 habe gezeigt: „Es ist machbar und wiederholbar. Wenn es um Wärmewende geht, ist dies ein sinnvolles, zielgerichtetes Instrument, das man entsprechend bepreisen und darstellen kann“.(hoe)

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