E-Mobilität: Deutschland schafft Trendwende
Elektroautos haben im vergangenen Jahr in allen Industriestaaten deutlich an Marktanteilen hinzugewonnen, dieser Trend gilt für batteriebetriebene wie für Plug-in-Hybride gleichermaßen.
"Mit dem Jahr 2017 ist die grundlegende Transformation einer globalen Schlüsselindustrie endgültig in Märkten angekommen. E-Autos haben sich weltweit etabliert. Der Elektrifizierungs-Trend in der Automobilindustrie ist damit unumkehrbar", sagt Elmar Kades, Autoexperte und Managing Director beim global tätigen Beratungsunternehmen AlixPartners. Kades begründet seine Prognose mit dem sprunghaft gestiegenen Absatz an elektrischer Reichweite im vierten Quartal des vergangenen Jahres. In diesem Zeitraum hat sich der Wert mit 77,8 Mio. Kilometern gegenüber dem ersten Quartal 2017 mehr als verdoppelt. Im ersten Quartal 2013 lag er bei gerade einmal 5,6 Mio. Kilometern. Analog dazu hat sich der Elektrifizierungsgrad der verkauften Fahrzeugflotte sich vom ersten zum letzten Quartal 2017 verdoppelt. Das zeigt der vierteljährlich ermittelte Automotive-Electrification Index von AlixPartners.
Rasanter Turnaround in Deutschland
Treiber der Entwicklung bleibt China, wo die elektrische Reichweite im vergangenen Jahr um 91 Prozent stieg und im letzten Quartal 2017 rund 44,1 Mio. Kilometer erreichte. China steht damit für mehr als die Hälfte der global verkauften E-Kiolmeter mit weitem Abstand vor den USA mit 12,8 Mio. Kilometern im vierten Quartal und Norwegen (vier Mio. Kilometer). Deutschland schaffte laut der Studie im vergangenen Jahr die Trendwende. Auf einen Rückgang der verkauften elektrischen Reichweite im Jahr 2016 folgte im vergangenen Jahr ein Plus von 120 Prozent. In keinem anderen westlichen Kernmarkt habe ein stärkeres prozentuales Wachstum verzeichnet werden können, heißt es.
Ladesäulennetz bleibt entscheidend
Laut Kades wird der Elektrifizierungstrend weltweit weiter anhalten, bis 2022 hätten Autohersteller weltweit Investitionen in Höhe von 244 Mrd. US-Dollar in diesem Bereich angekündigt, davon entfielen allein auf chinesische Hersteller rund 40 Prozent. Mittlerweile wird das Wachstum aber nicht mehr allein über staatliche Anreizprogramme befeuert. "Autokäufer halten E-Autos auch dann für attraktiv, wenn es keine oder weniger staatliche Kaufanreize gibt", ergänzt Marcus Kleinfeld, Managing Director bei der Beratungsfirma. Der staatlich organisierte Aufbau einer E-Infrastruktur, vor allem eines Ladesäulennetzes, bleibe aber entscheidend für den Kauf eines E-Autos. Ebenso die verbreiterte Modellpalette. Im vergangenen Jahr wurden 84 neue E-Modelle auf den Markt gebracht, so viel wie in den drei Vorjahren zusammen. Aktuell seien bis 2022 rund 271 neue E-Modelle angekündigt, allein der VW-Konzern plant in den nächsten fünf Jahren 55 Neuheiten.
Teslas Vorsprung schrumpft
Im Hersteller Ranking des Automotive Electrification Index rangieren zwölf chinesische Hersteller bei den verkauften E-Kilometern unter den Top 20. BAIC und BYD rücken dabei immer näher an Tesla heran. Mit 13 Mio. Kilometern an verkaufter Reichweite konnte der US-Hersteller im vierten Quartal zwar seine Spitzenposition behaupten, BAIC und BYD erreichen aber bereits 8,8 respektive 7,4 Mio. Kilometer. Tesla scheint dabei von der Dynamik des globalen E-Auto-Marktes weniger stark zu profitieren als andere Hersteller. Die E-Reichweite von Tesla wuchs in den Jahren 2016 und 2017 zwar um 34 respektive 42 Prozent, der Gesamtmarkt in den Industrieländern legte aber um 54 respektive 82 Prozent zu.
AlixPartners misst quartalsweise den Elektrifizerungsfortschritt in der globalen Autoindustrie und ermittelt dazu die elektrische Reichweite der Fahrzeuge, aber auch den Elektrifizierungsgrad der verkauften Gesamtflotte. Bei letzterer Kennziffer wird die Zahl der verkauften Elektrofahrzeuge in Bezug gesetzt zur Gesamtzahl der verkauften Autos und mittels der in der Industrie gebräuchlichen Reichweiten-Standards von 500 Kilometer gewichtet. Beim Elektrifizierungsgrad der verkauften Gesamtflotte zählen also die Autos, die ohne Unterstützung eines Verbrennungsmotors weniger als 500 Kilometer Reichweite aufweisen, wniger gewichtig als diejenigen E-Autos, die den Industriestandard erreichen. Hier bleiben nord- und westeuropäische Länder mit vergleichsweise hoher Kaufkraft und zum Teil starker staatlicher Förderung führend.
Norwegen liegt bei Flotten-Elektrifizierung vorne
Beim Spitzenreiter Norwegen beträgt der Elektrifizierungsgrad der verkauften Fahrzeugflotte im letzten Quartal des vergangenen Jahres 15 Prozent. Es folgen Island (4,4 Prozent),
die Niederlande (2), die Schweiz (1,5) und Schweden mit 1,1 Prozent. In China wiederum hat der Elektrifizierungsgrad die Schwelle von ein Prozent überwunden. Bedenkt man die Größe des chinesischen Marktes, wird deutlich, was das für den globalen E-Auto-Markt bedeutet: Im vierten Quartal wurden in China fast 265000 E-Autos verkauft, global 447000. Im Hersteller-Ranking bleiben die etablierten Autoproduzenten beim Elektrifizierungsgrad weit hinter den chinesischen Wettbewerbern und Tesla zurück. Unter den Top 20 befinden sich gerade zwei Etablierte:
BMW auf Platz 19 und Renault/Nissan auf 20. (hoe)