E-Mobilität

Nutzer stationsbasierter Angebote verzichten eher aufs eigene Auto

Des Bundesverband Carsharing (BCS) hat in einer Vergleichsstudie ermittelt, das die verschiedenen Carsharing-Varianten unterschiedliche Auswirkungen auf Autobesitz und -nutzung haben.
19.11.2018

Derzeit verfügen 677 Städte und Gemeinden in Deutschland über mindestens ein Carsharing

-Angebot. In allen diesen Orten sind stationsbasierte Carsharing-Angebote verfügbar, während reine Free-floating-Angebote nur in zwölf deutschen Städten vertreten sind.

Je nach Carsharing-Varianten kann das Autobesitz-Verhalten der Bürger stark oder weniger stark beeinflusst werden. Zu diesem Schluss kommt eine neue Vergleichsstudie des Bundesverbands Carsharing (BCS). So trägt das stationsbedingte Carsharing deutlich eher zur Abschaffung des eigenen Autos bei als das Free-floating-Prinzip. Der Studie zufolge besitzen über 80 Prozent der Haushalte, die in innerstädtischen Wohnquartieren leben und auf ein stationsbasiertes Carsharing zugreifen, kein eigenes Auto. Das bedeutet, dass von 1000 Personen lediglich 108 noch ein Auto besitzen. Diese Zahl unterschreitet deutlich die Zielmarke von 150, die das Umweltbundesamt für einen klima- und umweltgerechten Stadtverkehr anstrebt.

Free-floating-Prinzip hat kaum Auswirkung auf Autobesitz

Weniger Auswirkung auf den Autobesitz hat hingegen das Free-floating-Prinzip. Für dieselben innerstädtischen Gegenden kann die Studie hier lediglich einen Anteil autofreier Haushalte von 32 Prozent ermitteln. Somit besitzen von 1000 Personen noch 485 private Autos. Zwar schafften vor der Anmeldung beim Carsharing-Anbieter 18 Prozent das eigene Auto ab, während der Teilnahme am Free-floating-Carsharing stieg der Autobestand jedoch wieder auf 95 Prozent des Ausgangsbestandes an.

„Carsharing ist nicht gleich Carsharing. Stationsbasiertes Carsharing  ist in der Lage, die Belastung der Städte und Kommunen durch den Auto-Verkehr zu reduzieren“, kommentiert Gunnar Nehrke, Geschäftsführer des BCS die Ergebnisse. Free-floating-Carsharing werde hingegen oft als Ergänzung zum privaten Auto genutzt. Städte und Kommunen sollten diese Unterschiede bei der Förderung bedenken.

Angebot muss alle Nutzungszwecke abdecken

Um den privaten Autobesitz zu reduzieren, müsse das Angebot alle Nutzungszwecke für ein Auto abdecken, interpretiert der BCS. Nur 33 Prozent der Free-floating-Nutzer glauben, dass Carsharing ein eigenes Auto ersetzen kann. Bei den stationsbasierten Nutzern sind es 63 Prozent der Kunden.

Nehrke erklärt: „Stationsbasiertes Carsharing deckt die klassischen Nutzungszwecke für ein Auto ab. Dazu zählen etwa Großeinkäufe oder Ausflüge am Wochenende. Free-floating Carsharing ist für solche Zwecke hingegen nicht optimal geeignet. Viele Nutzer setzen diese Variante daher nur für innerstädtische Kurzfahrten ein, etwa für abendliche Restaurantbesuche. Parallel halten diese Nutzer dann für andere Fahrtzwecke eher am eigenen Auto fest.“

Unterschiedliche emotiionale Einstellung ausschlaggebend

Auch die unterschiedliche emotionale Einstellung zum Auto ist laut der Studie ausschlaggebend: 77 Prozent der Nutzer von Free-floating-Angeboten stimmen der Aussage zu, dass Autofahren Spaß mache. Bei den Nurtzern der stationsbedingten Angebote sehen das nur 39 Prozent so. Daraus schließt Nehrke: "In Zukunft muss die Frage lauten: Wie können wir die Kunden des Free-floating davon überzeugen, ganz ins Carsharing einzusteigen und das private Fahrzeug aufzugeben?“

Gute Erfolgsergebnisse können auch Anbieter erzielen, die sowohl Free-floating- als auch stationsbasierte Angebote aus einer Hand anbieten können. Hier liegt die Quote autofreier Haushalte bei 78 Prozent. Die negativen Effekte des reinen Free-floating scheinen aufgehoben. 

Tiefe Integration des Carsharing notwendig

Ähnlich sieht es bei Kunden aus, die beide Services nutzen, jedoch von verschiedenen Anbietern. 68 Prozent dieser Haushalte besitzen kein eigenes Auto. Nehrke sieht hier das Rezept für die Zukunft: „Eine möglichst tiefe Integration der Carsharing-Varianten ist offenbar ein Weg, die hohe Attraktivität des Free-floating für Neukunden mit der hohen verkehrsentlastenden Wirkung des stationsbasierten Carsharing zu verbinden.“

Auch aktuelle Nicht-Carsharing-Nutzer befürworten einen weiteren Ausbaus des Angebots. 75 Prozent von ihnen geben an, eine positive oder sehr positive Einstellung gegenüber dem Konzept zu haben, 50 Prozent wünschen sich sogar einen weiteren Ausbau. Obwohl 76 Prozent der Nicht-Nutzer noch einen eigenen Wagen besitzen, sind nur 18 Prozent konkret gegen einen weiteren Ausbau. (hol)