Deutschland

Bundesrat will EEG ändern

Die Sonderregelungen für Bürgerwindparks will der Bundesrat bis Mitte 2019 ausgesetzt lassen. Ferner wird eine Anhebung der Ausschreibungsvolumen für 2018 gefordert.
02.02.2018

Der Bundesrat drängt auf höhere Ausschreibungsvolumen für Windenergieanlagen an Land.

Der Gesetzentwurf zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) sieht vor, die Sonderregelungen für die Bürgerenergiegesellschaften bei sämtlichen Ausschreibungen im Jahr 2018 und im ersten Halbjahr 2019 auszusetzen und das Fördervolumen für die Windenergie an Land vorübergehend schrittweise zu erhöhen, teilte der Bundesrat am Freitag mit. Da eine Ausbaulücke befürchtet wird, wenn die Bürgerenergiegesellschaften von der verlängerten Frist zur Realisierung der Projekte Gebrauch machen, fordert die Ländervertretung zudem eine Reduzierung der Realisierungsfrist.

Zusätzliche Ausschreibungsmengen sollen ab 2022 verrechnet werden

Konkret sieht der Entwurf der Länderkammer eine stufenweise Erhöhung des Ausschreibungsvolumens für Windenergie an Land vor, die insgesamt 1.400 MW zusätzliches Volumen im Jahr 2018 in zwei Tranchen ausmacht: für die Runde am 1. August 1.150 MW statt der derzeit geltenden 700 MW (450 MW mehr als bisher) und für die Runde am 1. Oktober dieses Jahres 1.650 MW statt der derzeit geltenden 700 MW (950 MW mehr), sagte eine Bundesratssprecherin der ZfK. Diese zusätzlichen Ausschreibungsmengen sollen ab dem Jahr 2022 verrechnet werden. Der Gesetzentwurf wird nun der Bundesregierung zugeleitet, die innerhalb von sechs Wochen Stellung nehmen kann. Anschließend legt sie beide Texte dem Bundestag zur Entscheidung vor.

Mit dem EEG 2017 hatten die Bürgerenergiegesellschaften Privilegien erhalten, eigentlich um die Vielfalt zu gewährleisten. Die Bürgerwindparks können sich ohne bundesimmissionsschutzrechtliche Genehmigung an Ausschreibungen beteiligen und erhalten mehr Zeit für die Realisierung der Projekte. Im Ergebnis gewannen 2017 Bürgerenergieanlagen nahezu alle Ausschreibungen. Die eigentlich als Ausnahme vorgesehene Privilegierung wurde zur Regel. In der Praxis kamen dabei nur einige wenige Projektierer zum Zuge, die als Dienstleister neu gegründeter Bürger-Gesellschaften auftraten.

VKU: Nur besonderer Schutz der Bürgerenergie, wenn viele Bürger vor Ort beteiligt sind

Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) begrüßte den Vorschlag des Bundesrats für eine weitergehende Novellierung der Bürgerenergie-Ausnahme, die ihrem Namen damit "buchstäblich" gerecht werde. Die Bürgerenergie solle in den Ausschreibungen vor allem dann unter einen besonderen Schutz gestellt werden, wenn viele Bürger vor Ort daran beteiligt sind. Auch müssten Kooperationen vor Ort berücksichtigt werden.

Hier biete sich das bekannte "Einheitspreisverfahren" an, schlägt der VKU vor. Für Windparks ohne Bürgerbeteiligung hingegen solle das "Gebotspreisverfahren" gelten, bei dem das individuelle Gebot über die Vergütungshöhe entscheidet. "Gerade Windparks, an denen viele Menschen aus der Region dauerhaft beteiligt sind, verschaffen der Energiewende die nötige Akzeptanz", teilte der VKU mit. Auch die Initiative, das Ausschreibungsvolumen für die Onshore-Windkraft in der zweiten Jahreshälfte 2018 um 1,4 GW aufzustocken gehe in die richtige Richtung. Viele genehmigte und baufertige Windprojekte bekämen damit wieder eine Perspektive.

Untersteller fordert ausgewogenen Windenergieausbau in ganz Deutschland

Auch der BDEW lobte das Bemühen der Länderkammer, den "Webfehler im Ausschreibungsdesign" dauerhaft zu korrigieren. Die geplante Anhebung der Ausschreibungsmengen um insgesamt 1.400 MW in 2018, mit anschließender Verrechnung in zukünftigen Ausschreibungen und unter Berücksichtigung der tatsächlichen Realisierungsquote von Bürgerenergie-Projekten, reiche aber nicht aus. "Die vorgezogenen Mengen helfen dem System jedoch nur kurzfristig. Darüber hinaus sollten grundsätzlich alle nicht realisierten Projekte in den nachfolgenden Ausschreibungen aufgeschlagen werden", erklärte BDEW-Hauptgeschäftsführer Stefan Kapferer. Der Bundesverband Windenergie (BWE) appellierte an den Bundestag, den Gesetzentwurf des Bundesrates schnell zu beschließen und damit der "Industrie quer durch die gesamte Wertschöpfungskette die erforderliche Planungssicherheit zu geben".

Zu einer umfassenden Novelle des EEG gehöre auch, dass der Bund die deutschlandweite Schieflage der vergangenen Ausschreibungsrunden beseitigen müsse, fordert Baden-Württembergs Umwelt- und Energieminister Franz Untersteller (Grüne). Südlich des Mains hätten im vergangenen Jahr nur 3,4 Prozent der erfolgreichen Projekte einen Zuschlag erhalten, vor Inkrafttreten des aktuellen EEG habe die Quote bei über 20 Prozent gelegen. "Es ist technisch anspruchsvoller und deshalb teurer, in Süddeutschland einen guten Standort auf dem Berg zu erschließen, als einen von der Windstärke her ähnlich guten Standort im norddeutschen Tiefland. Um einen ausgewogenen Ausbau der Windenergie in ganz Deutschland zu ermöglichen, muss der Bund diese regionalen Unterschiede künftig angemessen berücksichtigen", sagte der Minister.

Küstenländer wollen erhöhten Ausbaukorridor für Offshore-Windkraft

Darüber hinaus brachten am Freitag die fünf Küstenbundesländer einen Antrag ein, der die Erhöhung des Ausbaukorridors für Windenergie auf See auf 20 Gigawatt Leistung bis 2030 und 30 Gigawatt bis zum Jahr 2035 vorsieht. Dieser Antrag wurde zunächst in die Ausschüsse für Wirtschaft und Umwelt überwiesen. (hil)