Deutschland

Gemischte Reaktionen der Verbände zum Koalitionsvertrag

Der Koalitionsvertrag steht. Der bisherige Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) übernimmt wohl das Wirtschaftsressort mit der Zuständigkeit für Energie. Die Reaktion der Verbände zum Vertragswerk fällt geteilt aus.
07.02.2018

Steuert wohl künftig die Energiepolitik: Der bisherige Kanzleramtschef Peter Altmaier.

Unter Leitung der CSU wird das Ministerium für Verkehr und Digitales stehen. Den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) zufolge soll Generalsekretär Andreas Scheuer die Nachfolge von Alexander Dobrindt antreten. An der Spitze des Umweltministeriums wird wahrscheinlich Barbara Hendricks (SPD) bleiben. 

Nach gut 24 Stunden zähen Ringens haben Union und SPD bei ihren Koalitionsverhandlungen einen Durchbruch geschafft. Die Unterhändler einigten sich am Mittwochmorgen auf einen Koalitionsvertrag und die Verteilung der Ministerien. Nun liegt es in den Händen der SPD-Mitglieder, ob eine neue große Koalition unter Führung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zustande kommt. Das Ergebnis des Mitgliedervotums könnte bereits am Wochenende 3./4. März bekannt gegeben werden. Wesentliche Teile des Koalitionsvertrags wie etwa das Energie- und Klimakapitel waren schon vor Tagen bekannt geworden und haben sich auch nicht mehr geändert. 

VKU: Bedeutung von Leistungen der Daseinsvorsorge zu Recht Schwerpunkt 

Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) zieht eine positive Bilanz der Koalitionsverhandlungen. "Die Energiewende wird nur mit starken Partnern, wie Stadtwerken und kommunalen Unternehmen zum Erfolg. Genau das spiegelt der nun vorliegende Entwurf des Koalitionsvertrags wider", erklärte VKU-Präsident Michael Ebling. Auf die Bedeutung von Leistungen der Daseinsvorsorge für gleichwertige Lebensverhältnisse werde zu Recht ein Schwerpunkt gesetzt. Mit dem Verhandlungsergebnis könne man als Basis für die nächste Legislaturperiode zufrieden sein. 

Positiv hervorzuheben sei, dass sich die Digitalisierung als Querschnitts-Thema durch den Entwurf des Koalitionsvertrags ziehe und als "Schwerpunktthema mit anspruchsvollen Zielen gesetzt wird", erklärte VKU-Hauptgeschäftsführerin Katherina Reiche. "Der Sprung von Kupfer zu Glasfaser ist erst die notwendige Grundlage, um Deutschland zu einem führenden Digitalland zu entwickeln. Wir brauchen in einer datengetriebenen Wirtschaft klare Regeln für den Umgang und die wirtschaftliche Nutzung von Daten, auf deren Basis auch kommunale Unternehmen neue Geschäftsmodelle oder Dienstleistungen für ihre Kunden aufbauen können", sagte Reiche weiter.

Bedeutung der Verteilnetze für Sektorkopplung klar benannt

Die zunehmende Verantwortung der Verteilnetze und ihre Bedeutung für die Entwicklung der Sektorkopplung seien im Koalitionsvertrag klar benannt, heißt es in einer Mitteilung des VKU weiter. Der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) und den damit verbundenen Wärmeinfrastrukturen werde eine zentrale Rolle im zukünftigen Energiesystem zugewiesen. Hier legten die Stadtwerke mit dem Ausbau der Wärmeinfrastrukturen die Voraussetzungen für die Wärmewende, insbesondere in den Bestandsgebäuden der urbanen Ballungsräume. 

Mit Blick auf den Gewässerschutz würden zwar die richtigen Stichworte wie gewässerschonende Landwirtschaft, richtige Entsorgung von Arzneimitteln und Schutz vor Chemikalieneinträgen benannt, so der VKU. Doch greife der Koalitionsvertrag in Sachen Umsetzung an vielen Stellen zu kurz. Oberstes Ziel müsse der Schutz der Trinkwasserressourcen sein. Diesem Ziel müsse auch eine zukünftige Chemikalien- und Landwirtschaftspolitik dienen. Hervorzuheben sei, dass ein Schwerpunkt der politischen Arbeit auf dem Gebiet Abfallvermeidung und Recycling liege und hier zum Beispiel die Einsatzmöglichkeiten für recycelte Materialien verbessert werden sollen.

BDEW-Chef Kapferer: Mutloses Mikromanagement

Zu einer deutlich kritischeren Bewertung des schwarz-roten Koalitionsvertrages kommt der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Immerhin sei erfreulich, dass das Wirtschaftsministerium weiterhin für Energie zuständig sein werde, da ein "ganzheitlicher Blick auf die Energiewende" benötigt werde, erklärte Stefan Kapferer, Vorsitzender der BDEW-Hauptgeschäftsführung. "Dieser ganzheitliche energiepolitische Blick fehlt im ausgehandelten Koalitionsvertrag leider allzu häufig. Die Vereinbarungen im Bereich Energiepolitik sind kein großer Wurf, sondern mutloses Mikromanagement", sagte Kapferer weiter. 

Der Vertrag enthalte zwar einige sinnvolle und wichtige Maßnahmen wie zum Beispiel den beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien und ein klares Bekenntnis zum Netzausbau. Auch das bei den Koalitionsparteien die Erkenntnis vorhanden sei, dass Gas im Transformationsprozess eine wichtige Rolle spielen wird, müsse positiv gesehen werden. "Der Vertrag gibt aber keine Antwort auf die Frage, wie die Energieversorgung von morgen aussehen soll: Wie in Zukunft Investitionen in dringend benötigte gesicherte Leistung wirtschaftlich werden sollen, bleibt völlig offen", betonte der BDEW-Chef. 

Frage der CO2-Bepreisung in weiteren Bereichen

Als weiteres großes Manko macht der BDEW aus, dass Strom nicht von Steuern und Abgaben entlastet werden soll. "Das aber wäre eminent wichtig, um regenerativen Strom auch im Verkehrsbereich und im Wärmemarkt konkurrenzfähig zu machen", erklärte Kapferer. Einen großen Bogen mache der Koalitionsvertrag auch um das Thema CO2-Bepreisung in den Bereichen Verkehr, Landwirtschaft und Wärme. "Wir müssen aber auch den Treibhausgas-Ausstoß in diesen Bereichen verteuern. Sonst wird es insbesondere im Verkehrssektor kaum machbar sein, CO2-Emissionen in nennenswertem Umfang zu reduzieren", sagte der BDEW-Chef. (hil)