Deutschland

Große Koalition jetzt beim Klimaschutz gefordert

Nach fünf Monaten politischer Unsicherheit machten die SPD-Mitglieder am Sonntag den Weg für eine neue große Koalition frei. Forderung nach einer SPD-Position beim Klimaschutz.
04.03.2018

Beim Votum über den mit der Union ausgehandelten Koalitionsvertrag stimmte eine Mehrheit von 66,02 Prozent der Mitglieder mit Ja. Die Reaktionen in der SPD fielen unterschiedlich aus. Bei der Neuauflage der großen Koalition im Bund sei die SPD nach Ansicht von Juso-Landeschef in Baden-Württemberg, Leon Hahn, gefordert, sich klar gegen die Union abzugrenzen. „Die SPD muss sich jetzt den großen Fragen, wie der demografischen Veränderung, dem Klimawandel oder der digitalen Arbeitswelt vor allem langfristig stellen“, erklärte Hahn am Sonntag.

Größtenteils hat das Ja der SPD-Mitglieder aber im Südwesten Erleichterung ausgelöst. Das Ergebnis sei deutlicher als erwartet ausgefallen, erklärte Landeschefin Leni Breymaier. Sie wisse, die Köpfe der Parteimitglieder seien erreicht worden, die Herzen müssten jedoch zurückerobert werden.

Klimaschutz zu einem Modernisierungsprojekt machen

Am Sonntag nach der Entscheidungen waren die Reaktionen aus der Energiewirtschaft spärlich. Zu Wort meldete sich die „Stiftung 2° - Deutsche Unternehmer für Klimaschutz“. Die Koalitionäre müssten jetzt die drängenden Aufgaben im Klimaschutz angehen und zentrale Weichen stellen, lautet eine Forderung der Initiative. Der klimapolitische Startschuss der GroKo sei jedoch getrübt durch die Verabschiedung vom 2020-Klimaziel. Nun komme es darauf an, auf die Impulse des Koalitionsvertrages aufzubauen, Spielräume zu nutzen und Klimaschutz zu einem Modernisierungsprojekt für Deutschland zu machen. Dazu gehört nach den Angaben der Klimaschutz-Stiftung, dass Union und SPD die Bekenntnisse aus dem Koalitionsvertrag durch konkrete Zahlen, Fristen und Instrumente untermauerten.

Vassiliadis: Energiewende aus dem Ruder

Mit einer ganz anderen Stoßrichtung hatte bereits am Freitag Abend der Vorsitzende der Gewerkschaft IG BCE, Michael Vassiliadis, Druck auf die Politik bei der Energiewende gemacht. „Dieses gesellschaftliche Megaprojekt ist vollkommen aus dem Ruder gelaufen“, sagte Vassiliadis bei einer Gewerkschaftsveranstaltung in Haltern. Risiken und Nebenwirkungen hätten ein Ausmaß angenommen, „dass einem angst und bange wird“. Traumrenditen für Öko-Investoren und Rekordkosten für Noteingriffe ins Netz, müssten über die Stromrechnung bezahlt werden – und das „ohne jeden sozialen Ausgleich“, beklagte der IG BCE-Chef.

Bei der Energiewende müssten Ausbau und Modernisierung der Stromnetze Vorrang erhalten, so Vassiliadis. Erst wenn die Infrastruktur stehe, könnten die erneuerbaren Energien weiter ausgebaut werden. Die EEG-Umlage zur Förderung der Öko-Energien müsse abgeschafft und durch eine steuerfinanzierte Lösung mit sozialer Komponente ersetzt werden.

"Über Jahrzehnte konventionelle Kraftwerke"

Deutschland werde noch über Jahrzehnte auf konventionelle Kraftwerke angewiesen sein, erst recht nach dem endgültigen Atomausstieg 2022. Vassiliadis verwies darauf, dass die Genehmigungen für das rheinische Braunkohlerevier Mitte der 2040er Jahre auslaufen, in den ostdeutschen Revieren noch etwas später. Wenn die erneuerbaren Energien in dieser Zeit die Grundlast bei der Stromerzeugung übernehmen könnten, werde die Kohleverstromung zwangsläufig schneller reduziert. (mn/dpa)