Deutschland

Grün-Schwarz legt Klimaschutzgesetz vor – Solarpflicht ab 1. Mai

Für Häuslebauer wird es im kommenden Jahr teurer. Auf's Dach muss künftig eine Solaranlage. Grün-Schwarz beteuert, das lohne sich. Für das Klima, aber auch für Hausbesitzer.
14.07.2021

"Der Klimaschutz wird am Geldmangel nicht scheitern", versichert der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne).

Zwei Monate nach ihrem Start hat die grün-schwarze Koalition im Südwesten ein neues Klimaschutzgesetz mit einer Solarpflicht für Häuslebauer vorgelegt. Es sei das "modernste und fortschrittlichste Klimaschutzgesetz unter den Flächenländern" in der Bundesrepublik, sagte Thekla Walker, Umweltministerin (Grüne).

In der Gesetzesnovelle werden ehrgeizigere Ziele zur Reduzierung der klimaschädlichen Treibhausgase verankert. So soll das Land bis 2040 klimaneutral werden - bisher waren 90 Prozent bis 2050 das Ziel. Damit will das Land fünf Jahre schneller sein als der Bund.

"Vorbild" Südwesten

"Wir wollen Vorbild sein", sagte Winfried Kretschmann, Ministerpräsident (Grüne). Der Südwesten als Hightech-Land müsse anderen wirtschaftsstarken Regionen auf der Welt zeigen, dass es sich lohne, auf Klimaschutz und grüne Produktlinien zu setzen. Das Gesetz umfasse Maßnahmen, die echte Lenkungswirkung entfalteten. Die extremen Wetterlagen der jüngsten Zeit unterstrichen die Dringlichkeit dieses Vorhabens.

Die CDU versicherte, dass sie beim Klimaschutz nicht mehr bremsen wolle, wie noch in der vergangenen Wahlperiode etwa bei der Solarpflicht für Wohngebäude. CDU-Landeschef und Innenminister Thomas Strobl räumte ein: "Wir sind nicht die ersten, die das Thema gefunden und erfunden haben." Aber wenn die Konservativen etwas als richtig erkannt hätten, dann setzten sie sich an die Spitze der Bewegung.

Solarpflicht für Neubauten

Wer ein neues Haus bauen will, muss vom 1. Mai kommenden Jahres an eine Solaranlage auf seinem Dach installieren lassen. Die Novelle soll im November im Gesetzesblatt stehen, so hätten die Häuslebauer ein gutes halbes Jahr Zeit, sich darauf einzustellen, erklärte CDU-Fraktionschef Manuel Hagel.

Zudem müssen Hausbesitzer vom 1. Januar 2023 an bei einer grundlegenden Dachsanierung sich ebenfalls eine Photovoltaikanlage einbauen lassen. Auf eine Solarpflicht für gewerblich genutzte Gebäude hatten sich Grüne und CDU schon in der vergangenen Legislaturperiode geeinigt. Zudem müssen künftig auch auf Parkplätzen ab einer Größe von 35 Stellplätzen Sonnenkollektoren aufgebaut werden.

Durchschnittlich 10.000 Euro

Das Umweltministerium schätzt die Kosten für eine durchschnittliche Anlage auf knapp 10.000 Euro. In dem Entwurf wird aber argumentiert, dass sich die Investition langfristig lohne, weil der Hauseigentümer den erzeugten Strom entweder einspeisen oder selbst verbrauchen könne.

Haus und Grund Baden-Württemberg schätzt die Mehrkosten beim Neubau eines durchschnittlichen Einfamilienhauses durch eine Solaranlage plus Stromspeicher auf mindestens 13.000 bis 15.000 Euro. Nach 15 bis 20 Jahren würden sich diese Kosten amortisieren, heißt es. Die Frage sei aber, ob sich die Anlage so lange halte.

Verschärfung bei Klimazielen

In 19 Jahren soll der Südwesten «netto-treibhausgasneutral» werden - und nicht erst in 29 Jahren. Schon 2030 soll es einen Zwischenschritt geben, wonach die Treibhausgase um 65 Prozent im Vergleich zu 1990 reduziert sein sollen - bisher lag dieses Ziel bei 42 Prozent.

Walker machte deutlich, dass es für diese Ziele eine enorme Beschleunigung beim Ausbau der erneuerbaren Energien geben müsse. Um die Voraussetzungen dafür zu schaffen, gibt das Land nun an die Regionen das Ziel aus, dass zwei Prozent der Flächen im Land für Windkraftanlagen und Solaranlagen reserviert werden sollen.

Ausbau von Windkraft

Außerdem hat sich die Regierung im Koalitionsvertrag vorgenommen, in den kommenden Jahren bis zu 1000 Windräder aufzustellen. Dazu soll der Staatswald stärker für den Ausbau geöffnet werden. Dort soll jede zweite Anlage errichtet werden. Im Südwesten waren Ende vergangenen Jahres 731 Anlagen in Betrieb. Zum Vergleich: In Niedersachsen drehen sich mehr als 6350 Windräder.

Bislang war das Ziel der Landesverwaltung eine Reduzierung der Treibhausgase um 80 Prozent bis 2040 im Vergleich zu 1990. Das heißt zum Beispiel auch, dass das Land selbst Geld in die Hand nehmen muss, um eigene Gebäude zu sanieren und mit Solaranlagen auszustatten sowie den Fuhrpark zu erneuern. Kretschmann versicherte: "Der Klimaschutz wird am Geldmangel nicht scheitern."

Rat der Klimasachverständigen

Zwar sei es finanziell momentan wegen Corona schwierig, doch die Konjunktur werde nach Ansicht von Experten demnächst steil nach oben gehen. "Wir können damit rechnen, dass wir in Bälde wieder stark sprudelnde Einnahmen haben, mit denen wir diese Maßnahmen umsetzen können." Bei der Klimapolitik will sich das Land zudem künftig von einem Rat der Klimasachverständigen unterstützen lassen. (dpa/jk)