Deutschland

Kohleausstiegs-Kommission: Entwurf empfiehlt einvernehmliche Absprache mit Betreibern

Die Kohlekommission ist in die entscheidende Phase eingetreten und diskutiert konkret, wie viele Kraftwerksblöcke bis 2022 vom Netz gehen sollen.
15.11.2018

Demonstranten vor dem Bundeswirtschaftsministerium zu Beginn der Sitzung der Kohlekommission am Donnerstag.

In einem Entwurf für einen Zwischenbericht empfiehlt das Gremium der Bundesregierung generell einvernehmliche Vereinbarungen "möglichst auf vertraglicher Grundlage" mit den Betreibern, die auch Entschädigungsleistungen und die Sozialverträglichkeit der Stilllegungen regeln. Konkrete Angaben zur Leistung der aus dem Markt zu nehmenden Braun- und Steinkohlekraftwerke sind in dem Papier noch nicht enthalten.

Stillgelegt werden sollen in einer ersten Phase von 2019 bis 2022 sowohl Braun- als auch Steinkohlekraftwerke, heißt es in dem der ZfK vorliegenden Entwurf. In dem noch zu definierenden Kapazitätsrückgang in diesem Zeitraum seien Kraftwerke enthalten, die in die Sicherheitsbereitschaft überführt werden. Die sichere Wärmeversorgung müsse dabei "jederzeit und vollumfänglich gewährleistet sein", heißt es wörtlich.

Zweite Phase von 2023 bis 2030

Darüber hinaus sollen "die Kraftwerke der Netzreserve im für die Netzstabilität erforderlichen Umfang von Kohle auf Gas umgestellt werden". 

Eine zweite Stilllegungs-Phase ist für den Zeitraum 2023 bis 2030 definiert. Es folgt eine dritte Phase bis zum noch nicht fest stehenden Abschlussdatum.   

Abschlussbericht spätestens Jahresende

Die Kommission "Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung" tagte am Donnerstag und wollte sich am Freitag erneut zusammensetzen. Der Zeitplan ist eng: Anfang Dezember sollen Vorschläge für die Zeit bis 2022 vorliegen, über die Deutschland sein Klimaschutzziel für das Jahr 2020 mit zwei Jahren Verspätung erreichen soll.

Zudem soll die Kommission vorschlagen, wie Deutschland das Klimaschutzziel 2030 erreichen kann und bis wann endgültig Schluss sein wird mit der Kohleverstromung. Der Abschlussbericht soll spätestens Ende des Jahres vorliegen und in das Klimaschutzgesetz einfließen, dass die Große Koalition im kommenden Jahr in Angriff nehmen will.

Noch kein Konsens in der Kommission

Der Berichtsentwurf ist noch nicht Konsens in der gesamten Kommission. Unter dem Stichwort "Sektorenkopplung" wird als "flankierende Maßnahme" die Einführung einer CO2-Bepreisung mit Lenkungswirkung auch im Non-ETS-Bereich, also etwa dem Verkehrssektor vorgeschlagen. Darüber hinaus müsse eine Überarbeitung des Entgelte- und Umlagensystems im gesamten Energiebereich erfolgen. 

Noch keine Einigkeit herrscht offenbar darüber, wie mit den vom Kohleabbau bedrohten Kommunen und dem Hambacher Forst in Nordrhein-Westfalen umgegangen werden soll. Der Satz "Diese Stilllegungen sollen möglichst dazu führen, dass weitere Devastierungen der bewohnten Ortschaften und des Hambacher Waldes vermieden werden", steht im Entwurf in eckigen Klammern – das ist unter anderem eine Forderung der Umweltverbände.

IG BCE versus Umweltschützer

In den Jahren 2023 und 2026 soll dem Entwurf zufolge überprüft werden, wie die Maßnahmen auf Klimaschutz, Strompreise, Versorgungssicherheit, Jobs und Wertschöpfung wirken. Vor Beginn der Kommissionssitzung am Donnerstag machten die Bergbaugewerkschaft IG BCE und die Umweltschützer noch einmal ihre Positionen klar. "Ein Auslaufen der Kohleverstromung Anfang der 2040er Jahre ist realistisch", sagte Michael Vassiliadis, der Chef der Gewerkschaft.

Martin Kaiser von Greenpeace, der ebenfalls am Verhandlungstisch sitzt, antwortete prompt: "Nach dem Hitzesommer in Europa, dem verheerenden Feuer in Kalifornien und den Unwettern in Italien ist klar: Es gibt nicht nur einen Realismus."

Grüne: "Das Gerüst steht, aber es ist wackelig"

Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer kommentierte den Entwurf zurückhaltend: "Das Gerüst steht, aber es ist wackelig", sagte er. Dass die Bundesregierung sich mit den Kraftwerksbetreibern noch einigen müsse, ob und wie das Kommissionsergebnis umgesetzt werde, sei "mehr als fragwürdig".

Die Grünen fordern einem Medienbericht zufolge, den Strukturwandel in den Braunkohle-Regionen über Jahrzehnte mit mindestens 250 Mio. Euro im Jahr zu unterstützen. "Akteure aus der Region" sollten die Entscheidungen treffen, wie das Geld verwendet wird, berichtete die Funke-Mediengruppe (Freitag) unter Berufung auf einen Zehn-Punkte-Plan von Krischer und Parteichefin Annalena Baerbock. Die Bundesregierung sieht bislang Fördermittel von 1,5 Milliarden Euro bis 2021 vor. (hil)