Deutschland

Studie: Energiewende könnte Lausitz bis zu 450 Mio. Euro bringen

Vor allem beim Ausbau von Solar- und Windstrom gebe es großes Potenzial, so die Forscher*innen. Die Kommunen seien dabei ein kritischer Erfolgsfaktor.
04.10.2022

Bei der Photvoltaik hat die Lausitz noch viel Potenzial, so eine neue Studie. (Symbolbild)

Die Energiewende kann der Lausitz zahlreiche Arbeitsplätze und Steuereinnahmen bescheren. Allerdings müssen Kommunen, Bürger*innen und regionale Betriebe stärker beim Ausbau erneuerbarer Energien einbezogen werden, damit sie an den Gewinnen des Anlagenbetriebs teilhaben. Das hat eine Studie des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) und der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg (BTU) im Projekt "Dekarbonisierung in der Lausitz (DecarbLau)" ergeben.

Demnach könnte die Lausitz im Jahr 2040 mit Energiewende-Technologien fast eine halbe Mrd. Euro erwirtschaften, die als Steuern, Einkommen oder Gewinne in der Region verbleibe. Um die finanzielle Teilhabe von Bürger*innen und Gemeinden zu erreichen, sollte der Bund Energiegenossenschaften und -gemeinschaften fördern und Kommunen die Beteiligung an Erneuerbare-Energien-Anlagen ermöglichen, fordern die Forscher*innen.

Zwei Szenarien für die Energiewende

Zudem brauche die Kohleregion eine Fachkräfteoffensive, damit mehr regionale Betriebe an energetischen Sanierungen, Aufbau und Betrieb von EE-Anlagen teilhaben und sich neue Industrie ansiedelt. Denn spätestens 2038 endet die Kohleförderung im Lausitzer Revier.

Wie sich die lokale Wirtschaft durch die Energiewende weiterentwickeln kann, berechneten die Forscher*innen in zwei Szenarien für das Jahr 2040. Sie untersuchten fünf ausgewählte Bereiche: Wind- und Solarenergie, Wärmepumpen, Biogas und energetische Gebäudesanierungen.

Große Potenziale auf Tagebauflächen

Allein durch diese Technologien prognostiziert die Studie für das Jahr 2040 rund 200 Mio. Euro an Wertschöpfung, die als Steuern, Einkommen oder Gewinnen in der Region verbleiben. Im ambitionierten Szenario seien es sogar 450 Mio. Euro.

"Wenn die Erneuerbaren und die energetische Effizienz gezielt ausgebaut werden, kann die Region wirtschaftlich stark profitieren", sagt Professor Bernd Hirschl vom IÖW und der BTU. "Insbesondere im sächsischen Teil sowie auf den Tagebauflächen sind noch große Potenziale für Wind- und in höherem Maße für Solarenergieanlagen vorhanden."

PV um Faktor acht steigern

Die erzeugbaren Strommengen decken demnach nicht nur die Bedarfe der privaten Haushalte und der Wirtschaft vor Ort, sondern ermöglichen auch neue Wasserstoffanwendungen und Energieexporte.

Während die Potenziale bei der Bioenergie schon heute fast ausgeschöpft seien, könnte die Solarkraft der größte regionale Energiewendetreiber in der Lausitz sein. "Die Leistung der Photovoltaikanlagen kann bis zum Jahr 2040 um den Faktor acht gesteigert werden", betont Annika Bode, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachgebiet Management regionaler Energieversorgungsstrukturen der BTU. "Neben klassischen Anlagen auf Dächern, Fassaden und Freiflächen kommen dabei auch innovative, flächenschonende Nutzungen zum Tragen – vor allem Agri-Photovoltaik auf landwirtschaftlichen Flächen."

Zuwachs von 70 Prozent bei Windenergie

Bei der Windenergie müsse vor allem der sächsische Teil der Lausitz aufholen: In der Oberlausitz und Niederschlesien wurden bisher nur etwa 0,2 Prozent der regionalen Fläche genutzt – im brandenburgischen Teil hingegen bereits über 1,8 Prozent, heißt es.

Ehemalige Tagebauflächen sollten für Windkraftanlagen nutzbar gemacht werden, empfiehlt die Studie. So lasse sich ein Zuwachs um 70 Prozent im Vergleich zur aktuell verbauten Leistung erreichen.

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Haushalte profitieren von Mieterstrom

Ein ambitionierter Ausbau der Erneuerbaren ist laut der Studie allerdings nur dann möglich, wenn der Bund entsprechende Fördermittel bereitstellt. Außerdem müsse die Akzeptanz der Anwohner*innen durch finanzielle Teilhabe gestärkt werden.

"Besonders angesichts hoher Strompreise profitieren Haushalte, wenn sie PV-Strom selbst produzieren oder vergünstigen Mieterstrom vom Dach des Mietshauses beziehen", sagt Steven Salecki, Energieökonom am IÖW. "Auch die Beteiligung von Kommunen und Bürger*innen an Energiegenossenschaften und -gemeinschaften stärkt die Region – wirtschaftlich und ökologisch. Die Lausitz könnte sich so stärker mit der Energiewende identifizieren."

Stärkere Beteiligung der Kommunen

Damit sich die finanzielle Teilhabe durchsetzt, müssten Bund, Länder und die Region jedoch selbst die Rahmenbedingungen verbessern. Die Forschenden schlagen Informations- und Beratungsangebote vor, eine Förderung von Bürgerenergie und Regionalstrom sowie mehr finanziellen Spielraum für Investitionen der Kommunen.

"Die stärkere Beteiligung der Standortkommunen ist ein wichtiger Hebel. Ihre Möglichkeiten für finanzielle Beteiligungen an Erneuerbare-Energien-Anlagen sowie auch ihre planerische Beteiligung müssen dringend gefördert werden", so Professor Hirschl. "Außerdem müssen in allen Bereichen verstärkt regionale Betriebe eingebunden werden. Dafür braucht die Lausitz eine Fachkräfteoffensive." (jk)