Gas

Biogas: Wenig Zubau trotz großer Nachfrage

Das Interesse an Biogaswärme sei riesig, sagt der Fachverband Biogas. Aber die Politik mache der Branche das Leben schwer.
06.10.2022

Trotz des nötigen Ausstiegs aus russischem Erdgas fühlt sich die Biogas-Branche von der Politik ausgebremst.

Der Fachverband Biogas hat die Branchenzahlen für 2021 vorgestellt und einen Ausblick auf das laufende Jahr gewagt. Das Ergebnis: ein leichter Zubau in den vergangenen Monaten, weniger Stilllegungen als befürchtet und eine große Wärme-Nachfrage.
 

Nach Angaben des Fachverbands ist die Anzahl der Biogasanlagen in Deutschland im Jahr 2021 um 138 auf 9770 gestiegen. 152 neuen Anlagen stehen 14 Stilllegungen gegenüber. Die installierte Leistung erhöhte sich um 194 Megawatt (MW) auf 5860 MW, wovon 3825 MW arbeitsrelevant sind, was einen Zubau von knapp zehn MW gegenüber 2020 bedeutet. Die Bruttostromproduktion beläuft sich auf etwa 33,47 TWh.

Zubau an flexibler Leistung

Wie schon in den vergangenen Jahren ist der Zubau an flexibler Leistung augenfällig: den zehn Megawatt arbeitsrelevanter Leistung, also der Leistung, die tatsächlich für zusätzlichen Strom im Netz sorgt, steht ein Zubau von 226 MW installierter Leistung gegenüber, die für eine flexible und bedarfsgerechte Fahrweise der Biogasanlage errichtet wurde. 

Auffällig ist nach Angaben des Verbands außerdem die stark gestiegene Nachfrage nach Biogaswärme, die zu einem Anstieg der externen Wärmenutzung auf über 15 Terawattstunden (TWh) geführt hat, was dem Bedarf von rund 1,3 Mio. Haushalten entspricht.

Seide: Biogas wird gebraucht

„Die Bedeutung von Biogas als flexibler, verlässlicher und universell einsetzbarer regenerativer Energieträger wird in der aktuellen Krise besonders deutlich“, betont der Präsident des Fachverbandes Biogas, Horst Seide. Das spiegele sich in den Zahlen zur Wärmenutzung anschaulich wider, lasse sich aber auch bei der Stromversorgung ablesen. 

Den größten Zubau verzeichnete Bayern mit 56 neuen Biogasanlagen – und bleibt damit mit insgesamt 2641 Biogasanlagen Spitzenreiter vor Niedersachsen und Baden-Württemberg. Bei der installierten Leistung führt Niedersachsen mit 1451 MW vor Bayern mit 1362 MW.

Keine "berauschende" Entwicklung

Insgesamt bezeichnet Präsident Seide die Entwicklung allerdings als „nicht berauschend“: „Die aktuellen Zahlen zeigen die massive Verunsicherung in der Branche, da die komplett aus dem Ruder laufenden rechtlichen Vorgaben und die politischen Unsicherheiten die Investitionsbereitschaft in der Branche deutlich dämpfen. Um die Potenziale von Biogas dauerhaft zu heben, braucht es jetzt ein klares Bekenntnis der Politik und verlässliche Perspektiven, die über das Jahr 2024 hinaus gehen“, lässt er sich in einer Pressemitteilung zitieren.

Für zusätzliche Unsicherheit sorgen laut Seide auch die Debatten über die Erlösabschöpfung. „Wir wissen nicht, was da auf uns zukommt.“ Die Politik müsse hier endlich klar die Obergrenze definieren. „Erst dann können die einzelnen Anlagenbetreiber entscheiden, ob sie durchstarten oder nicht.“ Möglicherweise werde es aber auch Betreiber geben, die ganz aussteigen. „Die Produktionskosten für unsere Branche sind schließlich gestiegen“, so Seide.

Politik muss Bremsen lösen

Generell sei es ein „Unding“, dass die Politik in der jetzigen Situation nicht umgehend alle Bremsen löse. Es gebe viele Anlagenbetreiber, die mehr Strom produzieren könnten.  

Eine Prognose der Biogas-Entwicklung für die kommenden Jahre hängt maßgeblich von der Entwicklung des Energiepreises und den politischen Entscheidungen ab. Der Fachverband geht aktuell von gut 120 neuen Biogasanlagen aus, die in diesem Jahr ans Netz gehen werden und rechnet darüber hinaus damit, dass einige der bereits stillgelegten Anlagen reaktiviert werden. Abzüglich neuer Stilllegungen würde sich der Zubau in diesem Jahr auf etwas mehr als 100 Anlagen mit insgesamt rund 65 MW Leistung belaufen. Damit läge die Stromerzeugung aus Biogasanlagen bei 33,56 TWh, die Wärmeauskopplung würde für 1,5 Mio. Haushalte reichen und die CO2-Einsparung auf 21,2 Tonnen steigen.

Um das komplette Biogas-Potenzial zu heben, fordert Seide auf der Pressekonferenz die umgehende Beseitigung der Restriktionen im EEG und im Genehmigungsrecht. „Wenn wir diese Bremsen lösen, kann die Branche einen wichtigen Beitrag zur Strom-, Wärme- und Kraftstoffversorgung leisten“, verspricht Seide. (amo)