Gas

Fortschritt bei der Produktion von Wasserstoff: Künstliches Enzym spaltet Wasser

Auf dem Weg zur sonnenlichtgetriebenen Produktion von Wasserstoff ist ein Fortschritt gelungen. Ein Forscherteam präsentiert einen enzymähnlichen molekularen Katalysator für die Wasseroxidation.
04.10.2022

Das Thema Wasserstoff beschäftigt nicht nur die Energiebranche, sondern auch die Wissenschaft.

Forschern ist es gelungen, eine nachhaltige Produktion von Wasserstoff zu realisieren, die sich an der lichtgetriebenen Wasserspaltung bei der Photosynthese der Pflanzen orientiert. Diese Pflanzen verwenden dafür einen komplexen molekularen Apparat, das sogenannte Photosystem II. Dessen aktives Zentrum nachzuahmen steht im Zentrum der Forschung eines Teams um Frank Würthner am Institut für Organische Chemie und dem Zentrum für Nanosystemchemie der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU).

 

Wasser besteht aus einem Sauerstoff- und zwei Wasserstoffatomen. Der erste Schritt der Wasserspaltung ist eine Herausforderung: Um den Wasserstoff freizusetzen, muss aus zwei Wassermolekülen der Sauerstoff entfernt werden. Dafür ist es zunächst nötig, den beiden Wassermolekülen vier Elektronen und vier Protonen zu entziehen. Diese oxidative Reaktion ist nicht banal. Pflanzen nutzen dafür ein komplexes Gebilde als Katalysator, bestehend aus einem Cluster mit vier Mangan-Atomen, über die sich die Elektronen verteilen können.

"Künstliches Enzym" entwickelt

Würthners Team hatte laut einer Pressemitteilung in einem ersten Durchbruch eine ähnliche Lösung entwickelt, eine Art „künstliches Enzym“, das den ersten Schritt der Wasserspaltung erledigen kann. Dieser Wasseroxidations-Katalysator, bestehend aus drei miteinander agierenden Ruthenium-Zentren innerhalb eines makrozyklischen Konstrukts, katalysiert erfolgreich den thermodynamisch anspruchsvollen Prozess der Wasserspaltung.

Nun ist es den Chemikerinnen und Chemikern der JMU gelungen, die anspruchsvolle Reaktion mit einem einzigen Ruthenium-Zentrum effizient ablaufen zu lassen. Dabei wurden sogar ähnlich hohe katalytische Aktivitäten wie im natürlichen Vorbild erreicht, dem Photosyntheseapparat der Pflanzen.

Künstliche Tasche geschaffen

„Möglich wurde dieser Erfolg, weil unser Doktorand Niklas Noll eine künstliche Tasche um den Ruthenium-Katalysator geschaffen hat. Darin werden die Wassermoleküle für den gewünschten protonengekoppelten Elektronentransfer vor dem Ruthenium-Zentrum in einer genau definierten Anordnung arrangiert, ähnlich wie es in Enzymen geschieht“, sagt Frank Würthner.

Die JMU-Gruppe präsentiert die Details ihres neuartigen Konzepts nun im Fachjournal Nature Catalysis. Das Team aus Niklas Noll, Ana-Maria Krause, Florian Beuerle und Frank Würthner ist davon überzeugt, dass sich dieses Prinzip auch zur Verbesserung anderer katalytischer Prozesse eignet.

Forscher entwickeln weiter

Das langfristige Ziel der Würzburger Gruppe ist es, den Wasseroxidations-Katalysator in ein künstliches Bauteil einzubauen, das mit Hilfe von Sonnenlicht Wasser in seine beiden Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt. Das wird noch seine Zeit dauern, denn dafür muss der Katalysator mit weiteren Komponenten zu einem funktionierenden Gesamtsystem gekoppelt werden – mit lichtsammelnden Farbstoffen und mit sogenannten Reduktionskatalysatoren.

Der Europäische Forschungsrat (European Research Council, ERC) hat die beschriebenen Arbeiten im Rahmen eines ERC Advanced Grant für Frank Würthner gefördert (grant agreement No. 787937). Weitere Fördermittel stammen vom Bayerischen Wissenschaftsministerium im Rahmen des Forschungsnetzwerks „Solar Technologies go Hybrid“. (amo)