Gas

Wasserstoff-Transport: Es muss nicht immer die Pipeline sein

Der Transport von Wasserstoffderivaten kann auch jenseits des Wasserstoff-Kernnetzes sinnvoll sein, sagen Fraunhofer-Forscher. Sie plädieren dafür, auch andere Optionen in den Blick zu nehmen.
30.01.2024

Neben Pipelines können Binnenschiffe, Züge und Lkw viele industrielle Verbraucher mit Wasserstoff versorgen.

Forscher des Fraunhofer IEG haben in einer neuen Studie erstmals alle wesentlichen Wasserstoffderivate und deren Transportoptionen zwischen Importhub und Verbrauchern flächendeckend und umfassend analysiert, bewertet und verglichen.

„Insbesondere für Standorte, die nicht Wasserstoff, sondern dessen Folgeprodukte verarbeiten, ist deren direkter Bezug unter Umständen kostengünstiger“, erklären Christoph Nolden und Thorsten Spillmann vom Fraunhofer IEG, die Erstautoren der Studie, in einer Pressemitteilung. Schon heute seien Binnenschiffe eine etablierte Transportoption für Stoffe wie Ammoniak, Methanol oder flüssige Kraftstoffe. Die meisten der betrachteten Standorte weisen Wasserstoffbedarfe auf, die über einen großen Güterzug transportierbar wären. Da der Inlandstransport nur einen Teil der gesamten Versorgungskette ausmacht, führen die unterschiedlichen Transportoptionen nur zu geringen Differenzen in den Gesamtkosten. „Die derzeitige Diskussion um den Anschluss an das künftige Pipeline-Netz greift zu kurz. Andere Infrastrukturen, wie das Schienennetz oder die Wasserstraßen können insbesondere in der Hochlaufphase eine flexible Alternative für zahlreiche Standorte darstellen“, sind die Forscher überzeugt.

Das schlagen die Forscher vor

Daher schlägt die Studie parallel zum Ausbau des geplanten Wasserstoff-Kern-Pipeline-Netzes flankierende Maßnahmen vor. Geboten sei etwa der Ausbau des Schienennetzes. Zudem brauche es eine baldige Veröffentlichung einer differenzierten Wasserstoff-Importstrategie, die einen klaren Rahmen schafft für die Bezugsmöglichkeiten und Verwendung von importiertem Wasserstoff in seinen verschiedenen Formen etwa als Ammoniak, Methanol oder andere Basischemikalien. Darüber hinaus sprechen sich die Forscher für die Zertifizierung der Nachhaltigkeit von Energieträgern und internationale Standards aus.

Die Analyse hat 543 Nachfragestandorte in Deutschland den verschiedenen Anwendungsfällen zugeordnet und hinsichtlich der Versorgungsmöglichkeiten mit Wasserstoff bzw. dessen Derivaten untersucht. In die ökonomische Bewertung flossen die Kosten für die Bereitstellung von Wasserstoff und seinen Derivaten sowie spezifische Transport- und Umwandlungskosten ein.

Transportkosten schlagen kaum zu Buche

Die in der Studie modellierten Bereitstellungskosten variieren zwischen 3.400 und 16.000 Euro pro Tonne Wasserstoffäquivalent (EUR/tH₂eq). Mit einem Kostenanteil zwischen 41 Prozent und 100 Prozent stellen die Importkosten die dominierende Kostenkomponente dar. Die inländischen Transportkosten stellen mit einem mittleren Kostenanteil von 5 Prozent in den meisten Fällen einen untergeordneten Kostenfaktor dar. Ein Großteil (85 Prozent) der betrachteten Standorte weisen eine vergleichsweise geringe jährliche Nachfrage von unter 150 Gigawattstunden Wasserstoffäquivalent (GWhH₂eq) auf. Etwa 11 Prozent der Standorte weisen eine jährliche Nachfrage von über 500 GWhH₂eq auf. Der Transport von Wasserstoff(derivaten) per Binnenschiff oder Bahn stellt nach Überzeugung der Forscher in vielen Fällen eine mögliche Alternative oder Ergänzung zur pipelinegebundenen Standortversorgung dar. (amo)