Strom

Bayernwerk reduziert Blindleistung im Netz

Zu viel Blindleistung lässt die verwertbare Energie im Netz sinken. Bayernwerk Netz hat nun die bislang größte Kompensationsspule in seinem Netzgebiet in Betrieb genommen. Es sollen sechs weitere Spulen hinzukommen.
24.07.2020

Hat die Größe eines Eisenbahnwagens: Der vier Millionen Euro schwere Technik-Koloss kompensiert unerwünschte Blindleistung im Netz.

Die Bayernwerk Netz GmbH (Bayernwerk) hat die mit 180 Tonnen Gesamtgewicht bislang größte Kompensationsspule im gesamten Netzgebiet in Betrieb genommen. Die technische Anlage hat die Größe eines Eisenbahnwaggons und steht gut sichtbar im Umspannwerk Pleinting im Landkreis Passau in Niederbayern. Das Gerät dient der Kompensation von unerwünschter Blindleistung, die beim Netzbetrieb entsteht und die die Stromverteilung behindert. Um die elektrische Spannung stabil zu halten, gleicht das Gerät künftig die vorhandene Blindleistung aus.

Störfaktor Blindleistung

„Beim Betrieb unserer Drehstromnetze entsteht physikalisch automatisch Blindleistung, beispielweise als Ladeleistung in Kabelnetzen. Wie es der Name schon vermuten lässt, liefert Blindleistung für Endkunden keine Energie zum Kochen, Waschen oder Laden des Smartphones. Stattdessen reduziert Blindleistung die nutzbare Leistung im Netz und sorgt für Probleme mit der Netzspannung bis hinein ins vorgelagerte Netz“, erklärt Egon Westphal, Technik-Vorstand der Bayernwerk AG. Mit der Einbindung der Blindleistungskompensationsspule ins Netz können die unerwünschten Effekte ausgeglichen werden.

Der Bedarf an Kompensation auf allen Spannungsebenen – auch bei lokalen Netzbetreibern wie Stadtwerken – nimmt stetig zu. Der technische Eingriff des Bayernwerks für mehr Systemstabilität und das Angebot an Stadtwerke und andere Netzbetreiber, sich an der Kompensationsleistung im 110-kV-Hochspannungsnetz beteiligen zu können, sei auf reges Interesse gestoßen, so das Bayernwerk. Durch die Bündelung des Kompensationsbedarfs lässt sich die Blindleistung bayernweit mit wenigen großen Kompensationsspulen ausgleichen.

Mehr Verantwortung für das Verteilnetz

„Systemdienstleistungen, die für eine sichere Stromversorgung von zentraler Bedeutung sind, werden immer mehr aus dem Verteilnetz erbracht. Verteilnetzbetreiber wie das Bayernwerk übernehmen eine immer größere Verantwortung für die erfolgreiche Gestaltung der Energiezukunft, die früher ausschließlich in der Verantwortung von Betreibern der Übertragungsnetze lagen“, erläutert Technik-Chef Westphal.

Wenn die Verläufe von Strom und Spannung verschoben sind, schwingt nicht verwertbare Blindleistung im Stromnetz hin und her. „Das kostet das Netz Power, denn alle Betriebsmittel wie Leitungen und Transformatoren müssen diese Blindleistung zusätzlich zur Wirkleistung übertragen. Dabei treten immer häufiger Probleme mit der Einhaltung der Grenzwerte für die elektrische Spannung auf“, beschreibt der Bayernwerk-Vorstand die Herausforderung. Wirkungsvolle Abhilfe schaffen in Zukunft sieben mächtige Kompensationsspulen im Bayernwerk-Hochspannungsnetz.

Dezentrale Erzeugung lässt Blindleistung steigen

Mit wachsender dezentraler Erzeugung und der zunehmenden Verkabelung von Leitungen steigt der Anteil der Blindleistung im gesamten Stromnetzverbund. Die erste in dieser Größe in Betrieb genommene Kompensationsspule hat eine ausreichende Bemessungsleistung, um die unerwünschte Blindleistung von Mittelspannungskabeln mit einer Länge von rund 3.000 Kilometern zu kompensieren. Die Kosten für eine Spule wie im Umspannwerk Pleinting liegen bei rund vier Millionen Euro. Planung, Projektierung und Errichtung übernahm das Bayernwerk.

Mitarbeiter in der Netzleitstelle für das 110-Kilovolt-Netz in Dachau sind für die Steuerung verantwortlich. Zudem übernimmt das Bayernwerk für alle Kooperationspartner den Betrieb, den Service und die Instandhaltung der Spulen. Insgesamt plant der bayerische Verteilnetzbetreiber bis Ende 2024 sechs weitere Kompensationsspulen im Netzgebiet verteilt in Betrieb zu nehmen. Weitere Standorte sind Schweinfurt (Unterfranken), Redwitz (Oberfranken), Schwandorf, Janahof (beide Oberpfalz), Oberbachern und Neufinsing (beide Oberbayern).