Wärme

Neues System soll Gebäude mit Strom, Wärme, Kälte und Frischluft versorgen

Wissenschaftler der Universität Paderborn entwickeln in einem neuen Forschungsprojekt gemeinsam mit sieben Industrieunternehmen ein System, das Gebäude gleichzeitig mit Strom, Wärme, Kälte und Frischluft versorgt, energieeffizient ist und ganz auf regenerative Energien setzt.
21.04.2020

Der Campus der Universität Paderborn

Wissenschaftler der Universität Paderborn entwickeln gemeinsam mit sieben Industrieunternehmen ein System, das Gebäude gleichzeitig mit Strom, Wärme, Kälte und Frischluft versorgt, energieeffizient ist und ganz auf regenerative Energien setzt. Das Projekt steht unter der Federführung des Bayerischen Zentrums für Angewandte Energieforschung, ist auf vier Jahre angelegt und wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie mit rund drei Millionen Euro gefördert.

"Bisherige Forschungsprojekte konzentrieren sich auf Systeme, die für Gebäude lediglich Strom und Wärme erzeugen können. In unserem Forschungsprojekt entwickeln wir ein kombiniertes System, das erstmals Wohnhäuser und öffentliche Gebäude gesamtheitlich mit Energie versorgt – also zugleich Strom und Wärme, aber auch Kälte und Frischluft zum Heizen, Kühlen und Lüften produziert", erläutert Eugeny Kenig, Inhaber des Lehrstuhls für Fluidverfahrenstechnik und Vorstandsvorsitzender des „Kompetenzzentrums für Nachhaltige Energietechnik“ (KET), einer zentralen wissenschaftlichen Einrichtung der Universität.

Er betreut das Forschungsprojekt gemeinsam mit seinem wissenschaftlichen Mitarbeiter Matti Grabo und KET-Geschäftsführer Gerrit Sonnenrein.

Erneuerbare Energien im Einsatz

Das geplante Versorgungssystem setzt voll auf erneuerbare Energien: Zentraler Bestandteil ist ein photovoltaisch-thermischer Kollektor (PVT), der auf Dächern und an Fassaden von Häusern installiert werden kann. Mittels Solarstrom, solarer Wärme und Umweltkälte kann der PVT-Kollektor sowohl Strom und Wärme als auch Kälte erzeugen. "Tagsüber wandelt das System Sonnenenergie in Strom und Wärme um und nachts nutzt es Umweltkälte – im Wesentlichen durch Strahlungsaustausch mit dem kalten Nachthimmel", erläutert Gerrit Sonnenrein.

Eine ebenfalls im System integrierte Wärmepumpe sorgt dafür, dass die im Gebäude erreichten Temperaturen bei Bedarf angehoben oder abgesenkt werden können. Wärme- und Kältespeicher überbrücken die Fehlzeiten zwischen Energieerzeugung und -bedarf. Eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung komplettiert das System.

"Regenerative Lücke" verkleinern

Da es sich ausschließlich aus regenerativen Energien speist, könnte diesem Gesamtsystem künftig eine wichtige Rolle bei der Energieversorgung zukommen, sagen die Forscher: Während der Strom in Deutschland bereits zu einem großen Teil aus erneuerbaren Energiequellen wie Windkraft erzeugt wird, stecken hinter unseren Heizungen und unserer Warmwasserversorgung noch immer Anlagen, die überwiegend mit Erdgas und -öl betrieben werden – und insbesondere da entstehen klimaschädliche Treibhausgasemissionen. Diese "regenerative Lücke" bei der Wärmeversorgung könnte das neue System verkleinern, hoffen die Wissenschaftler.

Das neue Versorgungssystem soll zudem hochenergieeffizient sein: "Die aufeinander abgestimmten Komponenten des Systems werden dafür sorgen, dass es effizient arbeitet. Das bedeutet: Bei möglichst geringem Energieverbrauch wird das System die selbsterzeugte regenerative Energie optimal nutzen und den Eigenbedarf des Nutzers – etwa an Strom und Wärme – umfänglich decken", sagt Matti Grabo.

Geld sparen

Weil weniger Energie verbraucht wird, könnten Unternehmen, öffentliche Einrichtungen und Privatpersonen Geld sparen. "Die intelligente Steuerung und der Einsatz innovativer Speicher in unserem System könnten außerdem die Versorgungsnetze entlasten: Je nach Energiebedarf eines Gebäudes sorgen sie dafür, dass beispielsweise überschüssiger Strom aus öffentlichen Netzen genutzt wird", ergänzt Gerrit Sonnenrein.

Das Versorgungssystem mit PVT-Kollektor, Wärmepumpe und Co. soll über eine zentrale Steuereinheit bedienbar sein. Geplant ist nach Fertigstellung eine erste Praxisphase an Testgebäuden. (amo)