Abfallwirtschaft

Carbontrans: Müll und Braunkohle als Erdölersatz?

Wir produzieren Plastikmüll in Massen. Kann daraus ein Grundstoff für neue Produkte entstehen? Fraunhofer-Forscher wollen das mit einer neuwertigen Pilotanlage in Leuna herausfinden.
18.04.2018

Wir verbrauchen zu viel Plastik. Wie kann das Plastik sinnvoll genutzt oder entsorgt werden?

In Leuna soll nach dem Willen der sachsen-anhaltischen Regierung erforscht werden, wie aus Plastikmüll und Kohle einer neuer Rohstoff werden kann. Die Pilotanlage soll am Chemiestandort entstehen und von Forschern des Fraunhofer-Instituts für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen (IMWS) in Halle genutzt werden. In einem ersten Schritt beschloss das schwarz-rot-grüne Kabinett am Dienstag, für das Projekt namens «Carbontrans» 15 der benötigten 30 Mio. Euro bereitzustellen. Von 2022 an sollen die Anlage entstehen und 30 neue Arbeitsplätze geschaffen werden.

Derzeit wird Plastikmüll zum überwiegenden Teil verbrannt, wie Wirtschaftsminister Armin Willingmann (SPD) sagte. Dabei entsteht viel klimaschädliches Kohlendioxid. Plastik wird zudem aus Erdöl gewonnen, einem endlichen Rohstoff. Funktioniert die Idee der Forscher, kann der Plastikmüll durch eine Spezialbehandlung zusammen mit Braunkohle zu einem neuen Grundstoff aus Kohlenstoff, englisch Carbon, verarbeitet werden. Die chemische Industrie könnte daraus Produkte fertigen, für die bisher Erdgas und Erdöl als Basis benötigt werden.

Mibrag ist mit im Boot

Bei dem Großprojekt sind der Braunkohleförderer Mibrag und das Kohlechemieunternehmen Romonta im Boot. Allerdings ist noch unklar, ob das Projekt startet. Die Hälfte der Investitionssumme soll der Bund zuschießen. Auch der Fraunhofer-Ausschuss muss noch zustimmen. Entscheidungen erwartet die Landesregierung noch in diesem Jahr.

Zudem muss nach Aussage von Willingmann grünes Licht für ein Vorhaben an der sächsischen TU Freiberg kommen. Dort soll mit Bundesgeld für 18 Mio. Euro ein neuartiger Reaktor entwickelt und getestet werden, der für die Arbeit in Leuna benötigt wird. Er soll nach der Erprobungsphase zu «Carbontrans» umziehen.

Passt optimal nach Leuna

Die Technologieplattform passe perfekt zum Chemieschwerpunkt in Sachsen-Anhalt, könne aber nur realisiert werden, wenn alle Partner zustimmten, räumte der Wirtschaftsminister ein. Die Bereitschaft, Landesgeld bereitzustellen, will er als Signal verstanden wissen.

In Sachsen-Anhalt und am IMWS laufen bereits Projekte zur Frage, wie Braunkohle künftig anders genutzt werden kann. Hintergrund ist die Diskussion, auf mittlere Sicht aus der als zu belastend geltenden Verbrennung der fossilen Kohle zur Stromgewinnung auszusteigen. Das trifft den Süden des Landes, wo am Braunkohlerevier derzeit Tausende Arbeitsplätze hängen. (dpa/al)