Grüner Punkt fordert Umsteuern in der Abfallwirtschaft

Das DSD stellt eine Flucht aus reinen Kunststoffverpackungen hin zu Verbundmaterialien fest.
Bild: © Sina Schuldt/dpa
Die DSD – Duales System Deutschland GmbH – will neue Leitplanken für Verpackungshersteller setzen. Damit die Verpackungen recyclingfähig konzipiert werden und weniger Plastik aussortiert und verbrannt wird, sollten die Hersteller stärker in die Pflicht genommen werden, sagte Geschäftsführer Michael Wiener der dpa. DSD hält das Markenrecht am Grünen Punkt.
Wiener plädiert für einen Recyclingfonds, in den alle Hersteller von Verpackungen einzahlen: Wer gut recyclingfähige Verpackungen auf den Markt bringt, bekommt später Geld zurück. Wessen Verpackungen hingegen nicht recyclingfähig
sind, der bekommt keine Rückerstattung.
Unterschiedliche Meinungen in der Branche
«Dadurch würde es finanziell attraktiver, auf die richtigen Verpackungen zu setzen – also auf die, deren Bestandteile gut sortiert und zu Rezyklaten verarbeitet werden können, um wieder zu Verpackungen zu werden», sagt der Firmenchef. DSD hat diesen Vorschlag schon vor einigen Jahren gemacht, ohne groß auf Resonanz zu stoßen. Angesichts eines Paragrafen im Verpackungsgesetz, demzufolge die Bundesregierung Ende dieses Jahres über weitere Schritte zur Verbesserung der Lage entscheiden soll, sieht der Manager nun die Zeit zur Umsetzung des Vorschlags durch den Gesetzgeber gekommen.
Mit dem Recyclingfonds-Vorschlag spricht DSD nicht für die ganze Branche. Andere duale Systeme haben andere Vorstellungen. In dieser Nischensparte liefern sich insgesamt elf Firmen einen harten Wettbewerb. Immerhin gab es nach Absprachen einen Branchenkonsens für eine Forderung, der zufolge Hersteller von nicht recyclingfähigen Verpackungen einen Zuschlag zahlen sollten.
Ein Kunststoff ist recycelbar, der andere nicht
Für die ganze Recyclingbranche sind Verpackungen, die aus verschiedenen Bestandteilen sind und die nur sehr aufwendig maschinell zu trennen sind, ein Ärgernis. Ein Beispiel sind tiefgezogene Plastikschalen aus PET, in denen Wurst oder Käse liegen – die Verschlussfolie oben ist aus einer anderen Plastikart, die PET-Schalen mit mehrlagiger Polypropylen-Folie oben drauf sind nur schwer zu recyceln – ein Großteil landet in der Müllverbrennung.
Wiener sind vor allem «Faserverbundverpackungen» ein Dorn im Auge, die immer öfter Plastikverpackungen ersetzen. Hierbei wird nicht nur Pappe eingesetzt, sondern auch Kunststoff für die Innenseite der Pappe und für ein transparentes Guckfenster, damit der Inhalt zu sehen ist. «Durch die Haptik des Papiers soll sich der Verbraucher besser fühlen, die Verpackung wirkt für ihn nachhaltiger – dabei ist das Gegenteil der Fall», moniert der Firmenchef.
Verbundverpackungen sind ein Problem
Weil die Bestandteile ineinander verschmolzen sind, wanderten solche Verpackungen letztlich alle in die energetische Verwertung, werden also verbrannt. «Es gibt eine Flucht aus dem reinen Kunststoff hin zur Verbundverpackung.» Diese Entwicklung sei ein Fehler, weil solche Verpackungen ökologisch fragwürdig seien und die angepeilte Kreislaufwirtschaft torpedierten.
Ein Knackpunkt in dem Recyclingfonds-Vorschlag des Grünen Punkts ist die Frage, nach welchen Kriterien Verpackungen in gut und schlecht recycelbar eingestuft werden. Manager Wiener spricht sich dafür aus, dass ein unabhängiger Dritter dies entscheiden sollte. So wie der TÜV und die Dekra etwa für die Autobranche als Prüfunternehmen unterwegs sind, wäre eine externe Instanz auch hierfür möglich. Der separate Vorschlag der Systembetreiber-Branche sieht ebenfalls einen unabhängigen Dritten vor.
Potente Wettbewerber
Das Duale System ist zwar Deutschlands bekanntester Vertreter dieser Wirtschaftssparte. Doch durch den harten Wettbewerb in der Branche steht DSD unter Druck. Nach starkem Umsatzrückgang und einem Millionenverlust im Jahr 2020 läuft derzeit ein Stellenabbau.
Früher war der Grüne Punkt Monopolist, seit knapp zwei Jahrzehnten gibt es aber Wettbewerber. Große Unternehmen aus der Abfallwirtschaft wie Remondis und Alba, die Müllabfuhren, Sortieranlagen und Verwertungsstandorte betreiben, haben selbst duale Systeme. Zudem brachte die Schwarz-Gruppe 2020 ein eigenes duales System an den Start, das sich um den Abfall der Handelsmarken von Lidl und Kaufland kümmert. Durch den Einstieg des Handelsriesen wurde der Wettbewerb in dem Nischenmarkt noch schärfer. (dpa/hp)