Abfallwirtschaft

Remondis-Übernahme: Die Branche zittert

Die Gespräche mit der Duales System Holding (DSD) sind bereits in einem fortgeschrittenen Stadium, weiß die FAZ. Die Branche ist indes in Aufruhr, da ein neuer Gigant mit marktbeherrschender Stellung entstünde.
25.01.2018

Remondis hat in einigen Entsorgungsbereichen eine marktbeherrschende Stellung, unter anderem bei der Altglas-Entsorgung.

Die Remondis-Gruppe möchte die Duales System Holding übernehmen. Laut "Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ)" sind die Verhandlungen weit gediehen. Am 18. Dezember 2017 war das Unternehmen sogar beim Bundeskartellamt vorstellig geworden. Der Vertrag könne in wenigen Wochen unterschriftsreif sein, zitiert die FAZ Brancheninsider.

Diese Vorgehen erregt Unmut in der Branche. Schließlich ist Remondis nicht irgendein Unternehmen, sondern ein Gigant in der Entsorgungsbranche. 6,4 Mrd. Euro Jahresumsatz, mehr als 30 000 Mitarbeiter und etwa 8000 Fahrzeuge – dies sind die Eckdaten des in Lünen beheimateten Unternehmens, das der Rethmann-Gruppe gehört.

40 Prozent Marktmacht bei Verpackungen     

Und die DSD GmbH mit ihrem Marktanteil von rund 40 Prozent an der Verpackungsentsorgung aus privaten Haushalten ist das mit Abstand größte Duale System.

Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) sieht die zunehmende Konzentration auf dem Entsorgungsmarkt sehr kritisch. Schon jetzt gebe es Regionen, in denen kleinere und mittlere Unternehmen aufgekauft würden. Und am Ende gebe es nur einen Bewerber. "Der dann natürlich die Bedingungen diktieren kann", betont Patrick Hasenkamp, Vize-Präsident des VKU. Zu bedenken gibt der Verband ferner, dass Remondis nach einer Fusion einen Zugewinn an Informationen habe und auch Einblick in die Preiskalkulationen von Bewerbern bekomme.

BVSE erwartet "erhebliche Verwerfungen"

Auch der Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung (BVSE) erwartet „erhebliche Verwerfungen in der Recycling- und Entsorgungsbranche“, erklärte Hauptgeschäftsführer Eric Rehbock. Gerade bei Ausschreibungen des Dualen Systems sei eine Unabhängigkeit nicht mehr gegeben: Falls sich nun ein Remondis-Konkurrent an Entsorgungsaufträgen von Sammel-Ausschreibungen der Remondis-Tochter DSD GmbH interessiert, lasse dies durchaus Steuerungsmöglichkeiten zu, argumentiert der BVSE. „Sortierung und Verwertung müssen erst gar nicht ausgeschrieben werden, so dass hier eine konzerninterne Vergabe erfolgen könnte.“ Und: „Wir haben überhaupt kein Interesse daran, dass Remondis Rückschlüsse bezüglich der Kalkulationen mittelständischen Entsorgungsunternehmen ziehen kann", argumentiert Rehbock.

Auch das Modell der Dualen Systeme könne Schaden nehmen.  „Faktisch läuft das zukünftig darauf hinaus, dass Handel und Inverkehrbringer eine Handvoll Entsorgungskonzerne beauftragen. Die Gefahr, dass diese sich die Bälle gegenseitig zuspielen, ist enorm.“

"Knallharter Verdrändungswettbewerb"

Der BVSE erwartet nichts weniger als eine neue Runde in dem knallharten Verdrängungswettbewerb gegen mittelständische Unternehmen. Remondis denke vor allem an die Schaffung eigener, abgeschotteter Kreisläufe und Stoffströme, warnt der Recyclingverband, der rund 900 Mitgliedsunternehmen in Deutschland vertritt.

Remondis muss als marktbeherrschend in einer ganzen Reihe von zentralen Märkten betrachtet werden, erläuterte der BVSE:

  • Marktbeherrschung Sonderabfall
  • Marktbeherrschung E-Schrott
  • Marktbeherrschung Altglas
  • Marktbeherrschung Altpapier
  • Bei Erwerb der DSD wäre die Marktbeherrschung von Remondis im Bereich des Kunststoffrecyclings nur noch eine Frage der Zeit.

Der BVSE fordert daher „nach wie vor und vehementer denn je", dass die Ausschreibungen für Sammlung und Sortierung von Verpackungsabfällen aus privaten Haushalten nicht mehr von den dualen Systemen, sondern von neutraler Seite, etwa von der neugegründeten Zentralen Stelle, vorgenommen werden. (al)