Abfallwirtschaft

Studie: Wie mit Plastikrecycling Schindluder getrieben wird

Was nach Umweltschutz klingt, entpuppt sich als Gesundheitsgefahr – in recycelten Plastikprodukten stecken jede Menge giftige Chemikalien. Ganz legal, dank Ausnahmeregel.
19.10.2018

Was nicht mehr gebraucht wird, landet in Entwicklungsländern und über Recyclingmaßnahmen in Plastikprodukten.

Was haben ausrangierter Elektroschrott mit Haarbürsten oder Spielzeug zu tun? Sie hängen alle im Stoffkreis der Recyclingwirtschaft:  Diverse Ökoverbände, darunter der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) haben insgesamt 109 recycelte Plastikprodukte aus 19 europäischen Ländern auf giftige Flammschutzmittel untersucht. Der Großteil davon enthält den hormonschädlichen Stoff.

Bromierte Flammschutzmittel (HBCD) werden vom Menschen über die Atemwege aufgenommen und können zu Erkrankungen des Nervensystems führen, sowie Lern- und Verhaltensstörungen bei Kindern auslösen. Neun von zehn untersuchten Konsumartikeln aus Deutschland liegen über dem für Neuware geltenden Grenzwert von zehn ppm (Millionstel Gewichtsprozent). Das Prekäre an diesem Ergebnis: Neu hergestellte Kunststoffprodukte müssen sich an deutlich strengere Obergrenzen halten als das recycelte Pendant.

Elektroschrott in Plastikprodukten

Kunststoffbauteile aus Elektroschrott dürfen laut Stockholmer Konvention bis zu 1000 ppm des giftigen Flammschutzmittels enthalten. Das entspricht dem 100-fachen dessen, was für Produkte aus neuen Materialen in der EU erlaubt ist. Für den BUND wird hier eindeutig Schindluder mit der Recyclingwirtschaft getrieben: "Die Politik spielt sogar mit der Gesundheit von Kindern, nur um ein paar Prozent höhere Recyclingquoten zu erreichen.“ 

Noch problematischer erscheint die Ausnahmeregelung bei einem Blick in den Recyclingprozess selbst. Die Flammschutzmittel stammen nämlich ursprünglich aus Bauteilen der Elektroindustrie. Haben Laptop, Smartphone oder Fernseher ausgedient, wird lediglich die Hälfte der ausrangierten Elektrogeräte von offiziellen Sammelsystemen erfasst. Der Rest wird nach Einschätzungen des Sekretariats der Stockholm-Konvention zum Teil als Gebrauchtware deklariert und illegal in Entwicklungs- oder Schwellenländer abgeschoben. Dort werden die Geräte ausgeschlachtet ohne Rücksicht auf  EU-weit geltende Umwelt- und Sicherheitstandards. Dass Flammschutzmittel auf diese Weise in Alltagsgegenständen landen, ist vor diesem Hintergrund nicht weiter verwunderlich. (ls)