Entsorgung

Zement statt Deponie

Unter Leitung des GKS-Gemeinschaftskraftwerk Schweinfurt haben neun Partner ein industriell umsetzbares Verfahren zur Nutzung von Restschlacken in der Zementherstellung entwickelt.
08.08.2024

Blick in den Feuerraum einer Müllverbrennungsanlage der GKS-Gemeinschaftskraftwerk Schweinfurt. Jährlich werden in Deutschland etwa 25 Mio. Tonnen Abfall verbrannt.

 

Das GKS-Gemeinschaftskraftwerk Schweinfurt hat zusammen mit neun Partner ein Verfahren entwickelt, mit dem die bei der Müllverbrennung entstehende Asche in der Zementindustrie genutzt werden kann. Der Prozess ist im Sinne des Urban Minig wirtschaftlich und industriell umsetzbar.

Das Projekt EMSARZEM (Einsatz von Müllverbrennungsschlacke als Rohstoff für die Zementherstellung) trage dazu bei, durch die thermische Abfallverwertung zukünftig Rohstoffe zu gewinnen, die sonst unwiederbringlich verloren wären, erklärt Ragnar Warnecke, Geschäftsführer des GKS-Gemeinschaftskraftwerks Schweinfurt.

Stand der Dinge

Im Jahr 2022 wurden in Deutschland etwa 25 Mio. Tonnen Abfall in Verbrennungsanlagen thermisch behandelt. Aus den Resten werden mit konventionellen Methoden wie Sieben-, Magnet- und Wirbelstromabscheidern rund 600.000 Tonnen Metalle zurückgewonnen.

Die verbleibende Müllverbrennungs-Asche (MV-Asche) wird zum Großteil auf Deponien für Basisabdichtungen, Funktionsschichten und weitere Baumaßnahmen verwertet – obwohl noch wertvolle Metalle enthalten sind.

Wissenschaftliche Begleitung

„Theoretisch kann die MV-Asche im Straßen- und Erdbau als Ersatzbaustoff eingesetzt werden, was aber 2020 nur zu circa 17 Prozent geschehen ist. Der größte Teil endet noch immer im Deponiebau“, erklärt Rüdiger Deike von der Universität Duisburg-Essen (UDE), die das Projekt zusammen mit dem Verein Deutscher Zementwerke (vdz) wissenschaftlich begleitet.

In dem neuen Verfahren werden die Metalle weitestgehend von der mineralischen Fraktion abgetrennt und wieder in die Metallproduktion übernommen. Der deutlich größere Rest – das Mineralgut – wird abhängig von seiner Korngröße gesäubert, als Rohstoff der Zement- und Betonproduktion zugeführt oder als Ersatz für natürliche Gesteinskörnungen in Betonanwendungen genutzt.

100 Kilogramm Gold

„Mit diesem Prozess können aus einer ursprünglich wertlosen Menge – wertlos deshalb, da sie im Abfall extrem fein verteilt ist – theoretisch 8000 Tonnen pro Jahr eines Kupferkonzentrates separiert werden. Darin wären circa 2800 Tonnen Kupfer, 20 Tonnen Silber und 100 Kilogramm Gold enthalten. Die Gewinnung wäre aber nur dann wirtschaftlich möglich, wenn die mineralische Fraktion auch verwertet werden kann“, erklärt Deike.

Deikes Arbeitsgruppe Metallurgie und Umformtechnik konzentriert sich im Projekt auf die detaillierte Untersuchung der separierten Metallfraktionen. Das Team von Prof. Jutta Geldermann (Produktionsmanagement/UDE) führt Wirtschaftlichkeitsberechnungen durch und erstellt die Ökobilanz des Prozesses.

Die Projektpartner

Das Projekt wird vom GKS-Gemeinschaftskraftwerk Schweinfurt koordiniert, das mit einer integrierten thermischen Müllverwertungsanlage aus 180.000 Tonnen Restmüll der umliegenden Städte und Landkreise Heizwärme und Strom erzeugt.

Um die Müllverbrennungsschlacke kümmern sich die beiden Aufbereitungsunternehmen C.C. Umwelt und Remex. Beide Unternehmen sind Spezialisten für die Aufbereitung mineralischer und metallischer Reststoffe.

Expertise von Dyckerhoff

Die DK Recycling und Roheisen unterstützt das Projekt bei der Verwertung magnetischer Anteile der aufbereiteten Schlacke. Das Unternehmen ist spezialisiert auf die Verwertung von eisenhaltigen Stäuben, vorwiegend aus der Stahlindustrie, die im DK-Prozess zu Gießereiroheisen verarbeitet werden.

Die Zementindustrie wird durch Dyckerhoff vertreten, das in seinen sieben Zementwerken in Deutschland bis zu 7,5 Mio. Tonnen Zement herstellt und mit dem eigenen Wilhelm Dyckerhoff Forschungsinstitut umfangreiche Expertise ins Projekt einbringt.

Hohe Rohstoffausbeute

Um die notwendige Erfahrung im Bereich von Aufbereitungsanlagen in das Projekt einfließen zu lassen, unterstützen die beiden Anlagenbauunternehmen Steinert, Experte im Bau von Separationsanlagen für Metalle in Reststoffen, sowie Loesche als Weltmarktführer im Bau von Mühlen für die Zementindustrie das Vorhaben.

Gelingt es den Partnern von EMSARZEM, auch nur fünf Prozent des Rohstoffbedarfs der Zementindustrie durch Müllverbrennungsschlacke zu decken, können circa drei Millionen Tonnen natürliche Rohstoffe pro Jahr eingespart werden. (hp)