ÖPNV

Mobilität auf dem Land stärken

Der Branchenverband VDV nennt Schmerzpunkte des Nahverkehrs: Nur Schülerverkehr anzubieten ist zu wenig in einer älter werdenden Gesellschaft.
18.12.2024

Wenn morgens nur ein Bus kommt, der Schüler abholt, ist das Auto für Landbewohner unverzichtbar.

Von Jürgen Walk

Rund die Hälfte der Bevölkerung lebt in ländlichen Räumen. Während in Städten die Mobilität häufig mit überlasteten Verkehrswegen kämpft, zeigt sich auf dem Land eher eine Mangelsituation: Die Busse fahren zu selten, die Menschen sind häufig auf Autos angewiesen. Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) hat in einem Positionspapier sechs Schritte zu zukunftsfähiger Mobilität im ländlichen Raum beschrieben.

Gerade für Menschen, die auf dem Land leben, sei eine zuverlässige und flächendeckende Versorgung mit Mobilitätsdienstleistungen von zentraler Bedeutung. Häufiges Problem: Die Fahrpläne orientieren sich an den Bedürfnissen von Schulen. Das schränkt die Flexibilität und Nutzbarkeit des Nahverkehrs für die Allgemeinbevölkerung ein. Dabei ist der Anteil älterer Menschen im ländlichen Raum in den vergangenen Jahren gestiegen. Die Menschen müssen Arbeitsplätze, Bildungseinrichtungen oder medizinische Versorgung erreichen können.

Den Nahverkehr von Anfang an mitbedenken

Die bestehenden Nahverkehrsangebote werden von den Bewohnerinnen und Bewohnern ländlicher Gebiete oft als unzureichend wahrgenommen. Dies wiederum führt laut VDV dazu, dass attraktive Tarife wie das Deutschlandticket wenig Anklang finden. Auch deshalb sei es notwendig, die Mobilitätsbedürfnisse der gesamten ländlichen Bevölkerung stärker in den Fokus der ÖPNV-Planung zu rücken. Es gelte, Lösungen zu entwickeln, die sowohl den Ausbau des öffentlichen Verkehrsnetzes als auch die Interessen der Verkehrsunternehmen berücksichtigen.

"Ein 60-Minuten-Takt kombiniert mit On-Demand-Lösungen muss zur Selbstverständlichkeit werden", fordert VDV-Präsident Ingo Wortmann. "Gleichzeitig darf die Reisezeit mit Bus und Bahn nicht mehr als das anderthalbfache der Dauer einer Autofahrt betragen. Hinzu kommt der dringende Handlungsbedarf bei der Barrierefreiheit – derzeit erfüllen 40 Prozent der Haltestellen die Standards nicht – und bei der digitalen Anbindung: 100 Prozent Netzverfügbarkeit sind für moderne und kundenfreundliche Mobilität im ländlichen Raum unverzichtbar. Nur so schaffen wir echte Alternativen zum Auto“, so Wortmann.

Unter dem Stichwort "Stärkung der ÖPNV-Kultur" will der VDV erreichen, dass der Nahverkehr bereits bei der Raum- und Standortplanung berücksichtigt wird. So müsse der Nahverkehr beispielsweise bei der Entwicklung von Gewerbegebieten und Verkaufsflächen oder Schulen von Anfang an mitgedacht werden.

Reisezeiten dürfen nicht zu lang werden

Beim Thema Leistungsangebot fordert der VDV angemessene Verfügbarkeit und Erreichbarkeit des Angebots an öffentlichen Verkehrsmitteln bei gleichzeitiger Ressourcenschonung.

Zur Digitalisierung heißt es, eine lückenlose Versorgung mit schnellem Internet sei notwendig, um die Chancen sowohl für Kundinnen und Kunden als auch für Unternehmen voll auszuschöpfen. Bürokratieabbau müsse durch eine vollständige Digitalisierung der administrativen Prozesse unterstützt werden.

Zum Bereich Infrastruktur- und Flottenmodernisierung erklärt der VDV: "Die Wiedereinführung, Fortsetzung und Verstetigung von Fördermitteln zur Flottenmodernisierung sowie der Erhalt und die Anpassung der Infrastruktur sind essenziell, um die Antriebswende voranzutreiben". Dabei sei eine langfristige Förderung notwendig, um Investitionsentscheidungen für die Infrastruktur sicher und planbar zu gestalten.

Für das Deutschlandticket müsse eine ausreichende und zukunftsfähige Finanzierung sichergestellt werden. Außerdem sei eine Anreizstruktur zu schaffen, die es ermöglicht, dass sowohl Länder als auch Kommunen stärker finanziell in den Ausbau des ÖPNV-Angebots und dessen Betrieb investieren.

Zum Thema "Personal und Bildung" fordert der Verband unter anderem, den Busführerschein zu reformieren. Zu prüfen sei, ob spezifische Regelungen für den ÖPNV, losgelöst vom gewerblichen Güterverkehr, möglich sind, ohne das Qualitätsniveau zu senken. Zudem solle die Integration und Berufsanerkennung von ausländischen Fachkräften erleichtert werden.