Wo wollen die Fahrgäste wirklich hin?
In einem Forschungsprojekt in Tirol werden in den nächsten zwei Jahren Methoden zur Ermittlung von Fahrgastströmen erprobt. Die Mobilitätswende gelinge nur mit einem guten ÖPNV-Angebot, das an die Bedürfnisse der Bevölkerung angepasst ist. Wie aber lässt sich der Bedarf an Mobilität messen, in Zahlen fassen und in optimierte Fahrpläne und Linienführungen übertragen?
Diesen Fragen geht das Forschungsprojekt „Nachhaltigkeit durch öffentlichen Verkehr: Vermeiden, verlagern, verbessern“, kurz: „Övvvi“, nach. Darin arbeiten Fraunhofer Austria und die Technischer Universität Graz, Verkehrsverbund Tirol und Ötztaler Verkehrsgesellschaft sowie mehrere Technologieunternehmen zusammen.
Aktuelle Angebote im öffentlichen Verkehr basieren oft auf veralteten Anforderungsanalysen. Sie werden damit den heutigen Mobilitätsbedürfnissen nicht mehr gerecht. Um das Angebot optimal auf die Bedürfnisse der Bevölkerung abstimmen zu können, müssen sowohl die Nutzung der bestehenden öffentlichen Verkehrsmittel als auch der allgemeine Mobilitätsbedarf, der derzeit noch nicht von diesen abgedeckt wird, ermittelt werden.
„Die Herausforderung besteht darin, dass wir nicht einfach die Anzahl von Fahrgästen in einzelnen Bussen, sondern fahrzeug- und sogar verkehrsunternehmensübergreifende Fahrgastströme erfassen wollen“, erklärt Projektleiter Michael Rader von Fraunhofer Austria. Um festzustellen, ob Personen Umwege oder lange Wartezeiten beim Umsteigen in Kauf nehmen, müssen Fahrgäste nach dem Umsteigen wiedererkannt werden.
Diese Forderung hat auch datenschutzrechtliche Auswirkungen. Daten müssen in abstrakte Informationen, sogenannte Identifikatoren, umgewandelt werden, damit der Schutz der Persönlichkeitsrechte der Fahrgäste sichergestellt ist.
Als Basis zur Fahrgaststromerfassung infrage kommende Technologien sind Kamerasysteme, WiFi und Mobilfunk. „Der Mobilfunk spielt hier eine besondere Rolle, denn er bietet als einzige der drei Technologien die Möglichkeit, Personenströme auch außerhalb der öffentlichen Verkehrsmittel zu erfassen, sodass wir Angebot und Nachfrage aufeinander abstimmen können“, erklärt Michael Cik, Gründer von Invenium sowie stellvertretender Institutsleiter an der TU Graz. (wa)