Deutschland

Besetzung der Kohlekommission: erneut abgesetzt!

Die Bundesregierung hat am Mittwochmorgen kurzfristig den Tagesordnungspunkt über die Besetzung der Kohlekommission gestrichen.
30.05.2018

Das Reichstagsgebäude in Berlin – Sitz des Deutschen Bundestages

Die Bundesregierung hat an diesem Mittwoch doch noch nicht über die Einsetzung der wichtigen Kohlekommission entschieden, die den Weg hin zu mehr Klimaschutz in Deutschland bahnen soll. Der geplante Beschluss wurde am Morgen überraschend wieder von der Tagesordnung genommen - nachdem er erst am Dienstag auf die Agenda gekommen war. Zu den Gründen konnte eine Regierungssprecherin zunächst nichts sagen. Mittlerweile ist die Liste der Mitglieder der Kohlekommission aber in Umlauf gekommen.

Nach dpa-Informationen sollte CSU-Chef Horst Seehofer noch bei Besetzungsfragen grünes Licht geben, aber er saß am Dienstag länger als geplant im Innenausschuss des Bundestags, um über die Versäumnisse beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) Auskunft zu geben. Daher war er längere Zeit nicht erreichbar.

"Wir sind uns in der Sache einig"

Aus Regierungkreisen hieß es am Mittwoch: «Wir sind uns in der Sache einig. Lediglich bei der Personalliste hat die Zeit nicht gereicht, alle Fragen final abzustimmen.» Das lasse sich aber schnell nachholen und sei kein Problem für die Arbeit der Kommission. «Wir sind bereits dabei, die erste Sitzung zu planen. Die Verzögerung heute wird keine Auswirkungen auf den Zeitplan der Kommission haben.»

Die Kommission «Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung» soll bis Ende 2018 ein Enddatum für den Kohleausstieg festlegen. Außerdem geht es um Perspektiven für neue Jobs in den von einem Kohleausstieg vor allem betroffenen Braunkohleregionen in der Lausitz und im Rheinischen Revier sowie um das Erreichen von Klimaschutz-Zielen.

Pofalla soll Co-Vorsitzender werden

Einer der vier Vorsitzenden soll Bahn-Vorstand Ronald Pofalla werden, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Regierungskreisen erfuhr. Pofalla war früher Generalsekretär der CDU sowie Kanzleramtsminister und enger Vertrauter von Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Er ist seit 2015 bei der Bahn und im Vorstand für Infrastruktur zuständig. Als weitere Vorsitzende der Kommission sind die früheren Ministerpräsidenten von Brandenburg und Sachsen, Matthias Platzeck (SPD) und Stanislaw Tillich (CDU), vorgesehen, außerdem die Politikwissenschaftlerin und Volkswirtin Barbara Praetorius, früher Vize-Direktorin der ökologischen Denkfabrik Agora Energiewende. Das Bundeskabinett muss die Namen aber erst noch bestätigen.

Um die Besetzung und den genauen Auftrag der Kommission gibt es seit Wochen Streit. Beteiligt sind über einen Staatssekretärsausschuss neben dem Wirtschaftsministerium und dem Umweltressort auch das Innen- und das Arbeitsministerium. Federführend ist das Wirtschaftsressort, dort ist die Geschäftsstelle der Kommission.

Neue Priorisierung

Die Schwerpunktsetzung der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ hat sich im Laufe der Zeit weiter verändert. Stand am Anfang der Kohleausstieg an erster Stelle, so ist dieses Ziel mittlerweile nach hinten gerutscht. In der Kabinettsvorlage nahm das Ziel Kohleausstieg den fünften Platz ein. Die konkrete Zieleliste:

  1. Schaffung einer konkreten Perspektive für neue, zukunftssichere Arbeitsplätze in den betroffenen Regionen.
  2. Entwicklung eines Instrumentenmixes, der wirtschaftliche Entwicklung, Strukturwandel, Sozialverträglichkeit, gesellschaftlichen Zusammenhalt und Klimaschutz zusammenbringt.
  3. Notwendige Investitionen in den vom Strukturwandel betroffenen Regionen und Wirtschaftsbereichen.
  4. Maßnahmen, die das 2030-er Ziel für den Energiesektor zuverlässig erreichen.
  5. Darüber hinaus ein Plan zur schrittweisen Reduzierung und Beendigung der Kohleverstromung.
  6. Ebenso Maßnahmen zum Beitrag der Energiewirtschaft, um die Lücke zur Erreichung des 40-Prozent-Reduktionsziels so weit wie möglich zu reduzieren.

Über die Besetzung der Kommission wird in der Berliner Regierungskoalition stark gerungen. Es geht um Mitspracherechte von Regionen und Interessenvertretern. (dpa/al)