Milliardenregen für Energie- und Wärmewende: Bundestag schreibt Geschichte

In der letzten Plenumssitzung des alten Bundestags wurden weitreichende Maßnahmen beschlossen.
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Von Andreas Baumer
Der alte Bundestag hat das 500 Milliarden Euro schwere Infrastruktur-Sondervermögen beschlossen. Am Ende stimmten 513 von insgesamt 720 Abgeordneten für die entsprechende Änderung des Grundgesetzes. 207 Abgeordnete, vorwiegend aus den Reihen der AfD, FDP und Linken, votierten dagegen.
Im Vorfeld hatten sich Union, SPD und Grüne darauf geeinigt, ein Fünftel des Pakets für den Klima- und Transformationsfonds zu reservieren. Die Energiebranche begrüßte das. Immerhin werden aus diesem Fonds zentrale Wärmewendeprogramme finanziert, die den klimafreundlichen Heizungstausch und den Ausbau der Fernwärme fördern. Auch zentrale Wasserstoffprojekte werden über den Klimafonds finanziell unterstützt.
In einer ersten Reaktion bezeichnete der Bundesverband Erneuerbare Energie die 100 Milliarden Euro als "bislang größte finanzielle Zusicherung für den Klimaschutz in Deutschland". Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) erinnerte wiederum daran, dass das Sondervermögen nicht ausreichen werde, um alle Investitionen für den Klimaschutz zu stemmen. "Allein für die Energiewende benötigen wir bis 2030 rund 721 Milliarden Euro, hinzukommen 800 Milliarden Euro für die Instandhaltung und Anpassung an den Klimawandel der Wasser- und Abwasserinfrastruktur bis 2045", teilte Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing mit.
Die neue Bundesregierung müsse starke Anreize für private Investitionen setzen. "Die Koalitionsverhandlungen müssen klar die Devise 'Vorfahrt für Investitionen' verfolgen." Tatsächlich scheint ein von der Energiebranche geforderter Energiewendefonds im Sondierungspapier von Union und SPD bereits angelegt.
Klimaneutralität 2045 als Staatsziel?
Streit gab es im Plenum darüber, ob mit der neu ins Grundgesetz aufgenommenen Formulierung, dass die Mittel aus dem Sondervermögen auch "für zusätzliche Investitionen zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2045" verwendet werden können, ein neues Staatsziel formuliert wird.
Kritiker etwa aus der AfD sehen das so und warnen vor negativen Folgen für die Wirtschaft und neuen Klagemöglichkeiten für Umweltschutzorganisationen etwa gegen den Autobahnausbau. In der Energiebranche gibt es hierzu ebenfalls teilweise Bauchschmerzen.
Merz wies das zurück. Der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen sei seit über 30 Jahren in Artikel 20a des Grundgesetzes ein Verfassungsauftrag. Das Bundesverfassungsgericht habe 2021 entschieden, dass darunter auch Klimaneutralität zu verstehen sei.
"Es ist kein neues Staatsziel. Es gibt hier keine Veränderungen der Grundlagen in unserer Verfassung in dieser Frage." Der Chef der CSU-Abgeordneten im Bundestag, Alexander Dobrindt, sagte, die Annahmen aus der AfD seien "vollkommen absurd". Es gebe bei den Investitionen keine Einschränkungen bei Straßen, Schienen oder Sonstigem.
Am Freitag ist Bundesrat dran
Mit dem Ja des Bundestags ist es noch nicht getan. Am Freitag ist auch im Bundesrat eine Zweidrittelmehrheit vonnöten. Die dürfte aber stehen, nachdem sich in Bayern am Montag CSU und Freie Wähler auf eine Zustimmung geeinigt hatten.
Die Länder profitieren von dem Paket auch deutlich: Nicht nur bekommen sie 100 der 500 Milliarden Euro für Infrastruktur und Klimaschutz. Sie dürfen dann künftig zusammen auch Schulden in Höhe von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aufnehmen. Bisher gilt für die Länder eine Schuldengrenze von Null.
Auch die Kommunen, in der Regel hundertprozentige Eigentümer der örtlichen Stadtwerke, sollen von dem Sondervermögen profitieren. Durch frisches Geld vom Bund könnten Defizite in Bereichen wie Schule oder Verkehrsinfrastruktur behoben werden, schrieb der Deutsche Städtetag im Vorfeld. "Das ist eine Chance auch für die kommunale Seite und für die Zukunftsfähigkeit des Landes." Liquidere kommunale Eigentümer dürften zudem Stadtwerken bei der Aufnahme von Darlehen und Krediten helfen. (mit dpa)