Deutschland

Ein Tarifabschluss mit finanziellem Zeitzünder für die Zukunft?

Das Ziel, den öffentlichen Dienst für jene Fachleute wie zum Beispiel IT-Experten attraktiver zu gestalten, die Kommunen dringend brauchen, ist mit dem bei den Tarifverhandlungen zum TVöD erzielten Kompromiss erreicht. Aber die finanziellen Folgen des Abschlusses könnten für Städte und Gemeinden gravierend werden, warnten kommunale Repräsentanten.
18.04.2018

Thomas Böhle, Präsident des kommunalen Arbeitgeberverbands VKA.

Den Durchbruch zu einer Einigung über die Gehälter im öffentlichen Dienst habe man erreicht, indem in allen Entgeltgruppen deutliche Verbesserungen erzielt wurden, berichtete Thomas Böhle, Präsident des kommunalen Arbeitgeberverbands VKA.

Die Tabellenstruktur des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) wird "grundlegend" geändert, teite die VKA mit. Die unteren Lohngruppen, in denen Verdi viele Mitglieder hat, erhalten eine Mindesterhöhung. Zusätzlich hat man jene Bereiche aufgewertet, wo es Probleme bei der Gewinnung von Fachleuten gebe (etwa Ingenieure, Techniker, IT-Experten). Das Resultat daraus ist, dass solche Beschäftigte nicht nur in drei Schritten bis 2020 insgesamt 7,5 Prozent mehr Entgelt erhalten, sie werden auch höher eingestuft.

Prozente gelten auch für Kommunalversorger und Stadtverkehre

Umgesetzt wird die Lohnanhebung in drei Schritten: Rückwirkend zum 1. März diesen Jahres durchschnittlich 3,19 Prozent, zum 1. April 2019 3,09 Prozent und zum 1. März 2020 1,06 Prozent. Die prozentuale Erhöhung gilt ausdrücklich auch für die Tarifverträge für Versorgungsbetriebe (TV-V) und für Nahverkehrsbetriebe (TV-N).

Rückwirkend gibt es zusätzlich einmalig 250 Euro. Die Jahresleistung wird im Osten in Schritten ans Westniveau angeglichen. Azubis erhalten dieses und nächstes Jahr jeweils 50 Euro mehr und bekommen nun 30 Urlaubstage pro Jahr.

7,5 Mrd. Euro versus Planungssicherheit

Für die Kommunen bedeutet der Abschluss 7,5 Mrd. Euro Mehrkosten, für den Bund 2 Mrd. Euro. Der neue TVöD gilt 30 Monate lang. Er bietet damit den Arbeitgebern Bund und Kommunen einen langen Planungshorizont.

Verdi-Chef Frank Bsirske bezeichnete den Abschluss als bestes Ergebnis seit vielen Jahren, Innenminister Horst Seehofer als eine Großreform. Der Deutsche Städtetag bezeichnete den Tarifabschluss zwar als „vertretbar“, wies aber zugleich darauf hin, dass die Mehrausgaben vor allem „für strukturschwache Städte mit hohen Sozialausgaben und Defiziten“ schwer zu verkraften seien. Ulrich Mägde, Oberbürgermeister von Lüneburg, kritisierte den Abschluss als „eindeutig zu hoch“. Die Mehrkosten müssten die Kommunen nämlich auf die Gebühren umlegen, etwa für die Müllabfuhr und die Straßenreinigung. Seiner Ansicht nach steigt durch die höhere  Belastung auch der Druck für Städte und Gemeinden, einige Bereiche umzustrukturieren und auszugliedern. (ad/geo)