Deutschland

Energiewende in Hessen: digital und vernetzt

Hessen fasst konkrete Pläne für ein intelligentes Stromnetz und die Sektorkopplung für mehr Energieeffizienz und Kostenentlastung der Bürger.
17.04.2018

Windkraftanlagen gehören mittlerweile zum Landschaftsbild.

Mit viel Lob und großen Zukunftspläne blickt der hessische Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) auf die Energiewende in seinem Bundesland. Eine Reihe an Maßnahmen der Energie-Agenda 2015 haben Hessen vom letzten Platz beim Ausbau von Wind- und Solarenergie in die obere Tabellenhälfte gehoben. Nun ist es Zeit im Rahmen einer Roadmap Ziele für das Energieversorgungssystem der Zukunft zu entwickeln.

„Wir werden jetzt konsequent den nächsten Schritt gehen und die Energiewende digitaler und vernetzter gestalten“, kündigte Al-Wazir bei der Vorstellung der neuen Roadmap für Hessen an. Dreh und Angelpunkt werden smarte Stromnetze und eine intelligente Verbrauchssteuerung sein. So wird an ausgewählten hessischen Schulen getestet, wie sich der Energieverbrauch durch smarte Zähler und Regelmodule optimieren lässt. Durch die digitale Steuerung soll beispielsweise vermieden werden, dass Räume unnötig beheizt werden. Bis zu 15 Prozent der Heizwärme sollen so eingespart werden. Die Kosten des Modellversuchs werden bis zu 90 Prozent vom Wirtschaftsministerium übernommen.

Intelligente Stromnetze ein Muss für die dezentrale Energiewende

Intelligente Stromnetze werden in Anbetracht des zunehmenden Anteils an Erneuerbaren immer relevanter. Auch hier stehen große Investitionen in die Verteilnetze Hessens an. Die smarte Steuerung von Verbrauch und Energieeinspeisung lässt sich Hessen 150 bis 200 Mio. Euro kosten. Al-Wazir rechtfertigt die Investitionen nicht nur mit Blick auf das prognostizierte Einsparungspotenzial von zehn bis 15 Prozent: „Wenn man von bundesweit 500 Kraftwerken auf ein System mit zwei Millionen Einspeisern – von der Windenergieanlage bis zum Solardach - und fluktuierendem Stromangebot geht, kann man das nicht mehr von Hand auf einer Leitwarte steuern, sondern nur noch automatisiert und damit digital. Dabei wollen wir Vorreiter für ganz Deutschland werden.“ So können smarte Netze und Stromspeicher schneller und flexibler auf Schwankungen der Netzfrequenz reagieren und Angebot und Nachfrage an Energie ausgleichen.

Als weiteren Schwerpunkt nimmt sich die Roadmap die Sektorkoppellung von Strom, Wärme und Verkehr vor. Erst kürzlich unternahm der Brennstoffzellen Zug von Alstom seine erste Testfahrt in Hessen – zwischen Wiesbaden und Frankfurt-Höchst. Der rein mit Wasserstoff betriebene Zug kann mit einer Tankfüllung rund 1000 Kilometer zurücklegen. Ein absolutes Vorzeigeprojekt der Sektorkoppelung ist das Neubauquartier Kelsterbach. Seit vergangenen Sommer werden ein BHKW, eine PV-Anlage sowie eine Batteriespeicher intelligent je nach Nachfrage gesteuert. Ein ähnliches Projekt, bei dem ein neues Wohnquartier aus KfW-40-Häusern mit einer zentralen solaren Stromerzeugung (installierte PV-Leistung: zirka 560 kWp, erwarteter Jahresertrag: 511 MWh), Batteriespeicher, Wärmepumpen sowie hauseigenen und öffentlichen Ladestationen für Elektrofahrzeuge ausgestattet wird, ist im südhessischen Biblis in Vorbereitung. Auch für ein neues Wohnquartier im Frankfurter Norden werden entsprechende Pläne entwickelt. (ls)