Deutschland

Haushaltskrise: Energiebranche warnt vor steigenden Strompreisen

Eigentlich sollten die Übertragungsnetzentgelte 2024 mit 5,5 Mrd. Euro aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds subventioniert werden. Dieser Zuschuss könnte nun ersatzlos entfallen.
02.12.2023

Sollten die Milliardensubventionen für die Übertragungsnetzentgelte wegfallen, drohen Verbrauchern und Unternehmen höhere Strompreise.

 

Die Energiebranche warnt im Zuge der Haushaltskrise vor steigenden Strompreisen. Ohne einen Bundeszuschuss zu den Übertragungsnetzentgelten würden die Endkundenpreise deutlich steigen, sagte Kerstin Andreae, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), am Samstag der Deutschen Presse-Agentur.

«Dabei ist eine bezahlbare Stromversorgung gerade in Zeiten von Unsicherheiten von hoher – auch gesellschaftspolitischer – Bedeutung.» Der BDEW appelliere, den Zuschuss nicht in Frage zu stellen, sondern bestehen zu lassen und die Finanzierung schnellstmöglich sicherzustellen.

Finanzierung völlig unklar

Konkret geht es um einen für das kommende Jahr geplanten Bundeszuschuss zur anteiligen Finanzierung der Übertragungsnetzkosten von bis zu 5,5 Mrd. Euro. Das Geld sollte aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) kommen – als Folge des Haushaltsurteils des Bundesverfassungsgerichts muss die Bundesregierung diesen Sondertopf allerdings zum Ende des Jahres auflösen.

Das Geld für den Zuschuss müsste nun also aus dem Kernhaushalt kommen. Das aber dürfte schwierig werden. Die Bundesregierung muss ein Loch von 17 Mrd. Euro stopfen.

Dominoeffekt befürchtet

Sollte der Zuschuss wegfallen, würde dies überdies "einen Dominoeffekt für die Unternehmen auf verschiedensten Wertschöpfungsstufen der Energiewirtschaft auslösen: Wenn die Übertragungsnetzentgelte steigen, müssen auch die Verteilnetzbetreiber ihre Entgelte erhöhen», so Andreae.

«Die insgesamt gestiegenen Netzentgelte müssen wiederum die Energieversorger in ihre Preiskalkulation aufnehmen und bereits angekündigte Preise anpassen. Aufgrund der gesetzlichen Fristen wäre dies nicht mehr zum 1. Januar 2024 möglich, würde aber schnellstmöglich nachgeholt werden müssen“, so die BDEW-Chefin.

Höhere Kosten für Verbraucher

Die Netzentgelte sind ein Bestandteil des Strompreises. Sollte der Bundeszuschuss zu den Entgelten für die Übertragungsnetze – den Stromautobahnen – wegfallen, rechnet das Vergleichsportal Verivox bei einer Familie mit einem Stromverbrauch von 4000 Kilowattstunden mit jährlichen Mehrkosten von rund 100 Euro.

Der Ökostromanbieter LichtBlick erwartet bei gleichen Voraussetzungen sogar eine Mehrbelastung von knapp 170 Euro. Die Stromkosten würden um brutto 4,15 Cent pro Kilowattstunde steigen.

Warnung auch aus der Industrie

Der Verband der Chemischen Industrie (VCI) zeigte sich ebenfalls alarmiert. «Die Strompreise in Deutschland sind bereits ein massiver Wettbewerbsnachteil», teilte VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup am Freitag mit. «Wir kämpfen seit Monaten für Entlastungen.»

Es sei «vollkommen ignorant», wenn die geplanten Bundeszuschüsse zur Stabilisierung der Netzentgelte gestrichen werden und eine Verdopplung dieser Kosten für alle Stromverbraucher drohe. Im Falle von Strompreiserhöhungen werde die Transformation zur Klimaneutralität weiter gefährdet. (dpa/hp)