Deutschland

Klimapaket: Baerbock dämpft Erwartungen an den Bundesrat

Die Länderkammer sei eben doch kein "Gestaltungsgremium", heißt es. SPD-Politiker verteidigen die Beschlüsse.
23.09.2019

Grünen-Chefin Annalena Baerbock

Drei Tage nach den Beschlüssen des Klimakabinetts hat Grünen-Chefin Annalena Baerbock die Erwartung gedämpft, ihre Partei werde über den Bundesrat sehr viel mehr Klimaschutz rausholen. Die Grünen würden im Bundesrat "so konstruktiv wie möglich" agieren, sagte Baerbock am Montag in Berlin. Die Länderkammer sei aber kein "Gestaltungsgremium", das "mit neuen Ideen um die Ecke kommt und bestehende Gesetze inhaltlich massiv nachbessern kann". Wenn in einem Gesetz nichts stehe, könnten die Länder die Lücke aber nicht füllen.

Die Grünen können über ihre Beteiligung an Landesregierungen Gesetze im Bundesrat blockieren. Sie sind derzeit in neun Ländern mit an der Macht, Brandenburg und Sachsen könnten dazukommen. Wenn sich Koalitionspartner in den Ländern nicht einig sind, müssen sie sich im Bundesrat in der Regel der Stimme enthalten. Es ist aber noch nicht im Detail klar, welche der Klima-Pläne der großen Koalition die Zustimmung der Länder brauchen.

"Lücken müssen vorher gefüllt werden"

Was zum Klimaschutz beitrage, würden die Grünen "natürlich mit unterstützen", sagte Baerbock. Der Bundesrat könne aber vor allem zustimmen oder ablehnen - die Lücken müssten vorher gefüllt werden. Am Wochenende hatte unter anderem Baerbock selbst den Bundesrat ins Spiel gebracht und angekündigt, die Grünen würden dort "weiter unsere Anträge auf eine wirkliche Verkehrswende und einen Abschied vom fossilen Verbrennungsmotor auf den Weg bringen".

Nach der scharfen Kritik am Klimapaket haben SPD-Politiker und das Umweltministerium die Entscheidungen der Bundesregierung verteidigt. "Wenn einige jetzt von unnützen Ausgaben in Milliardenhöhe sprechen, dann sind es meistens die, die sich selbst leicht einen Umstieg leisten können und auf eine starke solidarische Gemeinschaft nicht angewiesen sind", beklagten die stellvertretenden SPD-Fraktionsvorsitzenden Sören Bartol und Matthias Miersch am Montag in einem Brief an die Fraktion.

Flasbarth: Gesamtmechanismus stimmt

Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth betonte: "Ich bin überzeugt, dass der Gesamtmechanismus geeignet ist, Deutschland auf Zielkurs zu bringen."

Opposition, Umweltschützer und Wirtschaftsverbände hatten das am Freitag vorgestellte Klimakonzept der Bundesregierung scharf kritisiert. Führende Forscher halten es für zu kleinteilig und in der Wirkungskraft zu begrenzt. Flasbarth räumte am Montag ein, es könne passieren, dass man am Anfang des kommenden Jahrzehnts noch hinter den Plänen zurückbleibe.

Jahresgenaue Treibhausgas-Budgets

Bartol und Miersch betonten: "Klar, ohne die notwendigen Kompromisse mit unserem Koalitionspartner wären einige Ergebnisse noch ambitionierter ausgefallen." Das Konzept sei jedoch ein großer Schritt in die richtige Richtung. "Es ist ein guter erster Anfang auf dem Weg zu einem sozial ökologischen Umbau unserer Gesellschaft." Jetzt müssten die Vereinbarungen in Gesetze gegossen und beschlossen werden. Dabei setzen die beiden SPD-Politiker auch auf weitere Schritte - und auf "möglicherweise neue Perspektiven" durch die kommenden Wahlen.

"Herzstück" des Programms ist laut Flasbarth das Klimaschutzgesetz, in dem jahresgenau Treibhausgas-Budgets für einzelne Bereiche wie Verkehr, Gebäude oder Landwirtschaft festgeschrieben werden sollen. Wenn Ziele gerissen werden, müssen die Fachminister Sofortprogramme vorlegen. Künftig seien die Ziele Gesetz. "Da muss man sich dran halten", sagte Flasbarth.

Auch Ordnungsrecht muss greifen

Der neue CO2-Preis, der Erdgas, Heizöl, Kohle, Diesel und Benzin verteuern soll, sei "sehr gering, das stimmt", räumte Flasbarth ein. Dass dieser Preis bei nur 10 Euro pro Tonne Kohlendioxid (CO2) starten soll, was Benzin nur rund 3 Cent pro Liter teurer macht, hatte Klimaschützer besonders erzürnt. Das Signal sei: "Es wird schrittweise teurer, aber es wird nur moderat teurer", sagte der Staatssekretär.

Die Kritik, die Klimaziele würden mit den Beschlüssen sicher nicht erreicht, hält Flasbarth für falsch. Es sie nie Ziel des Umweltministeriums gewesen, alles über den CO2-Preis zu machen. Die SPD-Seite im Koalitionsausschuss habe sich einen höheren Preis vorstellen können, auch innerhalb der Union habe es Diskussionen darüber gegeben. Nun müssten die Förderelemente und "zunehmend auch das Ordnungsrecht" greifen, auch wenn dieses "nicht besonders stark angelegt" sei. (dpa/hil)