Deutschland

Verbände adressieren Habeck: Was Windkraft an Land voranbringen würde

Agora Energiewende präsentiert fünfzehn konkrete Maßnahmen. Auch der Bundesverband Windenergie hat Forderungen, was die Politik tun soll.
06.04.2023

Der Thinktank Agora Energiewende hat konkrete Vorschläge gemacht, um Onshore-Windkraft-Anlagen zu erleichtern. (Symbolbild)

Um die Lücke beim Windausbau an Land zu schließen, braucht es Agora Energiewende zufolge zügig ein Beschleunigungspaket. Die bisher diskutierten Maßnahmen der Bundesregierung reichten nicht aus. Deshalb hat der Thinktank 15 Maßnahmen vorgestellt, um Projektentwicklungsverfahren zu beschleunigen und ausreichend Flächen bereit zu stellen.

Der kürzlich vorgelegte Entwurf von Eckpunkten der Windenergie-an-Land-Strategie bleibe dagegen zu vage, so die Kritik. "Um die Ausbaukrise bei der Windkraft an Land zu überwinden, muss die Bundesregierung jetzt belastbare Maßnahmen zur Beschleunigung der Verfahren sowie zur ausreichenden Bereitstellung von Flächen auf den Weg bringen", sagt Simon Müller, Direktor Deutschland von Agora Energiewende. "Zugleich braucht es ein klares Bekenntnis der Windindustrie, die Kapazitäten konsequent hochzufahren."

Kurzfristig fünf GW möglich

So könnten kurzfristig rund fünf Gigawatt Wind ans Netz gebracht werden, indem aktuell blockierte, baureife Projekte realisiert würden, heißt es in dem Papier. Das entspreche bereits der Hälfte des bis 2024 erforderlichen Zubaus in Höhe von rund 10 GW Windleistung.

Zu den kurzfristigen Maßnahmen zählen etwa auch Regelungen zur Rückgabe von bereits erteilten Zuschlägen in Kombination mit der Ermöglichung einer Teilnahme an der nächsten Ausschreibungsrunde. Eine veränderte Strafzahlungsregelung (Pönale) bei Projektverzögerungen würde Projektierern zudem erlauben, durch Lieferengpässe beeinträchtigte Bauprojekte straffrei abzuschließen, heißt es. Auch die Vereinfachung von Genehmigungen für Schwerlasttransporte ist eine wirksame Maßnahme, um baureife Anlagen kurzfristig ans Netz zu bringen.

Notfallverordnung verstetigen

Mittelfristigfordert Agora Energiewende vor allem, die befristete EU-Notfallverordnung zu verstetigen. Um zusätzliche Flächen rasch zu erschließen, müssten Gewerbe- und Sonderbauflächen für die Windstromproduktion geöffnet werden und Kommunen mehr Freiheiten bei der Flächenausweisung erhalten. Bis 2026 sollte die Politik zudem einzelne Projektschritte verkürzen: Der Prüfaufwand bei Genehmigungsverfahren, etwa im Hinblick auf Denkmalschutz-Belange, sowie die Ermöglichung des vorzeitigen Baubeginns von Windkraftanlagen vor Abschluss des Genehmigungsverfahrens.

Anschlüssen müsse der jährliche Zubau für Windenergie ab 2026 auf hohem Niveau stabilisiert werden, so der Thinktank. Dies gelinge aber nur, wenn zusätzliche Flächenpotenziale erschlossen und Genehmigungen weiter vereinfacht würden. Die Länder müssten Windflächen so beschleunigen, dass Projektierer in schneller Taktung viele Projekte entwickeln könnten.

Vereinfachte Umwelt- und Artenschutzprüfung

Hierfür sei es zentral, das Zwischenziel zur Bereitstellung von Windflächen durch die Länder im Windenergieflächenbedarfsgesetz um zwei Jahre auf Ende 2025 vorzuziehen, argumentiert Agora. Zugleich braucht es eine dauerhafte Vereinfachung der Umwelt- und Artenschutzprüfung. Die Gruppierung von Windradmodellen in sogenannte Typ-Variantencluster ermöglicht es, begonnene Vorhaben mit ähnlichen Modellen aus der Variantengruppe abzuschließen.

Verbindlichkeit fehlt

Auch der Bundesverband Windenergie (BWE) kritisiert den Entwurf des Bundeswirtschaftsministeriums. "Das Eckpunktepapier hat an entscheidenden Stellen die notwendige Verbindlichkeit vermissen lassen", sagt BWE-Präsident Hermann Albers. Bundesminister Robert Habeck (Grüne) habe versprochen, dass "die großen Brocken" aus dem Weg geräumt und nur "Feldsteine" übriggeblieben seien. "Diese Einschätzung teilen wir nicht."

Besonders dramatisch bleibe die Situation demnach bei den Themen Flächenverfügbarkeit, Repowering und Dauer der Genehmigungsverfahren insbesondere wegen artenschutzrechtlicher Fragen, Blockaden durch militärische Belange oder Abstände zu Bundesfernstraßen.

Positiver Trend bei Genehmigungen

Der zweite Windgipfel ist für Ende April angekündigt. Der BWE hofft, dass dort zahlreiche Hindernisse noch ausgeräumt werden. "Nach dem ersten Quartal 2023 sehen wir einen positiven Trend bei den neuen Genehmigungen: Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum haben diese um rund ein Drittel zugenommen", sagt BWE-Präsident Albers.

Ziel solle es sein, bis zum Ende des Jahres über alle Bundesländer hinweg rund 10 GW neu zu genehmigen. "Der BWE hat mehrfach klar dargelegt, welche Weichenstellungen dafür erforderlich sein werden", so der Verbandsvertreter. "Es liegt nun an der Bundesregierung, diese Maßnahmen zeitnah in Gesetze zu gießen, die noch vor der parlamentarischen Sommerpause verabschiedet sein müssen." (jk)