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US-Präsident verhängt Sanktionen gegen Nord Stream 2 AG

Moskaus Eskalation im Ukraine-Konflikt hat auch die Lage mit Blick auf die deutsch-russische Pipeline Nord Stream 2 fundamental verändert. Die USA verzichteten bislang aus Rücksicht auf Berlin auf Sanktionen gegen die Betreibergesellschaft. Damit ist nun Schluss.
24.02.2022

US-Präsident Biden schlägt in Sachen Nord Stream 2 eine härtere Gangart an.

Nach der Aussetzung des Genehmigungsverfahrens für die deutsch-russische Gaspipeline Nord Stream 2 durch die Bundesregierung haben die USA nun doch Sanktionen gegen die Betreibergesellschaft und deren Chef Matthias Warnig verhängt. US-Präsident Joe Biden kündigte die Strafmaßnahmen am Mittwoch an. Das Finanzministerium in Washington erklärte, Geschäfte mit dem Betreiber Nord Stream 2 AG müssten innerhalb einer Woche beendet werden. Biden hatte zuvor aus Rücksicht auf Deutschland auf einen solchen Schritt verzichtet. Die Entscheidung der Amerikaner nun ist ein weiterer schwerer Schlag für die Pipeline.

Angesichts der russischen Eskalation im Ukraine-Konflikt hatte die Bundesregierung das Vorhaben am Dienstag auf Eis gelegt und das Genehmigungsverfahren für Nord Stream 2 vorerst gestoppt. Die Regierung in Berlin reagierte damit auf die Anerkennung der Separatistenregionen Donezk und Luhansk in der Ostukraine durch Moskau. Der Westen verkündete wegen des Vorgehens von Präsident Wladimir Putin insgesamt eine ganze Serie von Sanktionen gegen Russland. Dazu gehörten auch Strafmaßnahmen der USA.

Enge Abstimmung mit der Bundesregierung

Biden erklärte, die Entscheidung zu Nord Stream 2 sei ein weiterer Teil dieser ersten Tranche von Sanktionen. Die USA hätten sich in der Frage eng mit der Bundesregierung abgestimmt.

Der Sprecher des US-Außenministeriums, Ned Price, sagte, nach dem «entschlossenen» Handeln der deutschen Regierung habe die US-Regierung «ergänzende Maßnahmen» innerhalb ihrer Befugnisse ergriffen. «Nord Stream 2 ist vom Tisch», sagte er. Das Projekt sei nun nicht mehr als «ein Stück Stahl auf dem Grund des Ozeans».

Betriebserlaubnis in weiter Ferne

Die Betreibergesellschaft der Pipeline, die Nord Stream 2 AG, gehört dem russischen Staatskonzern Gazprom. Die Pipeline wurde gebaut, um unter Umgehung der Ukraine Gas von Russland nach Deutschland zu bringen. Die Leitung ist fertiggestellt, aber noch nicht in Betrieb. Mit der Kehrtwende der Bundesregierung ist eine Betriebserlaubnis wohl auch auf längere Zeit nicht in Sicht. Durch die US-Sanktionen scheint ein möglicher Betrieb der Pipeline noch weiter in die Ferne gerückt: Wer sich auf Geschäfte mit der Nord Stream 2 AG einlassen würde, könnte von den USA wegen Sanktionsverstößen belangt werden.

Biden ist seit langem gegen Nord Stream 2. Dennoch hatte der Demokrat im vergangenen Mai Ausnahmegenehmigungen («Presidential Waiver») verfügt, mit denen die Nord Stream 2 AG mit Sitz in der Schweiz und ihr deutscher Vorstandsvorsitzender, Matthias Warnig, von US-Sanktionen verschont blieben. Dieser Sanktionsverzicht erfolgte ausdrücklich auch aus Rücksicht auf den Verbündeten Deutschland. Biden hatte damals außerdem angeführt, dass die USA die Fertigstellung der Pipeline nicht mehr würden verhindern können.

Streit entschärft

Das Thema Nord Stream 2 hatte lange für Unmut und Ärger zwischen Deutschland und den USA gesorgt. Um den Streit zu entschärfen, hatte Deutschland im vergangenen Juli in einer gemeinsamen Erklärung mit den USA eine stärkere Unterstützung der Ukraine zugesagt.

Angesichts der Ukraine-Krise hat sich die Lage nun noch einmal fundamental verändert. Da sich die Bundesregierung nun aus eigenen Stücken von Nord Stream 2 abgewandt hat, muss Biden in dieser Hinsicht keine Rücksicht mehr auf Berlin nehmen. Der US-Präsident betonte in seiner Erklärung die zuletzt enge Abstimmung mit Deutschland bei dem Thema. Er dankte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) «für seine enge Partnerschaft und sein anhaltendes Engagement, Russland für seine Handlungen zur Rechenschaft zu ziehen».

Pipeline als geopolitisches Projekt

In den USA gibt es seit langem großen Widerstand gegen Nord Stream 2, bei Republikanern wie auch Demokraten. Kritiker argumentierten, die Pipeline sei vor allem ein geopolitisches Projekt Russlands. Putins Ziel sei es, die Ukraine damit von Europa abzukoppeln und Europa noch abhängiger von russischem Gas zu machen. Republikaner versuchten in den vergangenen Monaten erfolglos, im Kongress eine Verschärfung von Sanktionsgesetzen durchzusetzen und Biden so die Möglichkeit zu nehmen, aus Gründen der nationalen Sicherheit eigenmächtig Ausnahmen von US-Sanktionen zu Nord Stream 2 zu verfügen. Aus ihren Reihen kam am Mittwoch Lob für Bidens Entscheidung. (dpa/amo)