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Drohende Gasknappheit: NRW arbeitet an Schutzschirm für Stadtwerke

Die Gaskrise verschärft sich. Die Bundesregierung will Energieunternehmen stützen und Verbraucher vor Preisexplosionen bewahren. Aber auch kommunale Stadtwerke drohen in eine Schieflage zu geraten. NRW will für den Ernstfall gewappnet sein.
06.07.2022

Die Landesregierung arbeitet offenbar an einem Schutzschirm für NRW-Stadtwerke. (Symbolbild)

Angesichts der drohenden Gasknappheit und steigender Energiepreise bereitet Nordrhein-Westfalen einen Schutzschirm für NRW-Stadtwerke vor. Der Rettungsschirm solle sich eng anlehnen an das Prinzip des milliardenhohen Corona-Schutzschirms des Landes für die öffentliche Infrastruktur, sagte NRW-Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU) am Mittwoch vor Journalisten.

Bei den Stadtwerken gebe es "einen Fall, wo wir bereits aktiv sind", hatte Scharrenbach zuvor der "Rheinischen Post" (Mittwoch) gesagt. Auf Nachfrage wollte die Ministerin nicht sagen, um welches Stadtwerk es sich handelt.

Höhe des Rettungsschirmes

Der Corona-Schutzschirm des Landes sei in weiten Teilen nicht in Anspruch genommen worden, weil die Befürchtungen nicht eingetreten seien, sagte Scharrenbach. "Aber das Beste ist immer, man bereitet sich auf einen worst case vor." Über die Höhe des geplanten Rettungsschirms für Stadtwerke könne sie noch nichts sagen.

Das Land NRW hatte zu Beginn der Corona-Krise 2020 einen 25 Mrd. Euro hohen Rettungsschirm für die Wirtschaft aufgespannt. Bis Ende 2021 waren davon etwa 13 Mrd. Euro an Hilfen für Menschen, Branchen und Kommunen abgerufen worden.

Stärkere Verschuldung

Die Stadtwerke seien "fester Bestandteil in der Energieversorgung des Landes NRW", so Scharrenbach. Aber Stadtwerke, die nicht über die Börse handelten, seien nicht über die Maßnahmen der Bundesregierung abgesichert. Deswegen wolle das Land mögliche Schieflagen dieser Stadtwerke im Interesse der Versorgungssicherheit abwenden. Derzeit liefen "diverse Prüfungen".

Die Kommunen versuchten bereits, Energie zu sparen, wo es nur geht, sagte Scharrenbach in dem Zeitungsinterview. "Natürlich schauen viele mit Sorge auf Herbst und Winter, was die Beheizung der Hallenbäder, Sporthallen, Schulen oder sonstiger Einrichtungen angeht." Sie rechne mit weniger optimistischen Einschätzungen für das Steueraufkommen bei der Novemberschätzung. "Dann wird es womöglich dazu kommen, dass die Kommunen sich vorübergehend wieder stärker verschulden müssen."

Preisexplosionen bei Stadtwerken

Auch der Stadtwerkeverband VKU hatte angesichts der drohenden Verwerfungen im Gasmarkt einen Schutzschirm nicht nur für angeschlagene Energieunternehmen, sondern auch für Stadtwerke gefordert. "Auch NRW-Stadtwerke können durch die wirtschaftlichen Turbulenzen auf dem Gasmarkt in ernsthafte wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, wodurch die Versorgungssicherheit in NRW und Deutschland gefährdet wäre", sagte ein Sprecher der VKU-Landesgruppe Nordrhein-Westfalen der ZfK auf Nachfrage.

"Daher begrüßen wir ausdrücklich, dass die Landesregierung einen Schutzschirm für Stadtwerke auflegen will", so der Sprecher weiter. Darüber hinaus brauche es dringend Regelungen für ein Insolvenzmoratorium auch für kommunale Unternehmen. Die Landesregierung solle sich hierfür beim Bund einsetzen.

Habeck warnt

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte am Samstagabend bei einer Veranstaltung der "Zeit" vor einer möglichen "Preisexplosion" bei einigen Stadtwerken gewarnt.

So weit könne es kommen, wenn Russland kein Gas mehr über die Gaspipeline Nord Stream 1 liefere und der Bund es großen Versorgern wie Uniper erlaube, die Preise an ihre Kunden weiterzugeben, etwa Stadtwerke.

Uniper in zentraler Rolle

Russland hatte die Lieferungen durch die Pipeline Nord Stream 1 bereits stark gedrosselt. Dadurch geriet der Gasimporteur Uniper in Turbulenzen und rief nach Staatshilfen. In wenigen Tagen starten die jährlichen Wartungsarbeiten an Nord Stream 1.

In der Regel fließt dann für zehn Tage kein Gas. Die Befürchtung ist nun, dass Russland diesmal den Gashahn nicht wieder aufdreht. Uniper spielt eine zentrale Rolle für die deutsche Energieversorgung und beliefert viele Stadtwerke. (jk, mit dpa-Material)