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Jedes zweite Unternehmen muss noch größere Mengen an Strom und Gas für 2022 einkaufen

Weil die Preise bereits Ende des Jahres sehr hoch waren, haben viele Betriebe abgewartet oder nur für sehr kurze Lieferzeiträume abgeschlossen. Nun stehen sie unter Zugzwang.
14.03.2022

Auch viele Gewerbebetriebe mit weniger als 50 Mitarbeitern haben offenbar ihre Strom- und Gasversorgung für das laufende Jahr noch nicht vollständig abgesichert (Symbolbild).

Die neuerliche Explosion der Strom- und Gaspreise durch den russischen Angriff auf die Ukraine bringt immer mehr Betriebe in Deutschland in Zugzwang. Aktuell muss noch jedes zweite Unternehmen seine Strom- und Gasversorgung für das laufende Jahr vertraglich absichern. Das hat eine aktuelle Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) ergeben

Die 2.000 Rückmeldungen von Unternehmen aus allen Branchen zeigten, dass bei Ausbruch des Krieges die Hälfte der Unternehmen ihre Strom- und Gasbeschaffung für das laufende Jahr noch nicht abgeschlossen hatte, heißt es in einer Pressemitteilung   

Jeder dritte Betrieb muss noch mehr als 70 Prozent des Stroms einkaufen

Nur 46 Prozent der Unternehmen hätten ihre Stromverträge für 2022 vor Beginn des Krieges in der Ukraine schon vollständig unter Dach und Fach gehabt. Jeder dritte Betrieb müsse noch mehr als 70 Prozent einkaufen. Bei der Gasbeschaffung zeige sich ein ähnliches Bild, heißt es weiter. Auch hier hatte nur die Hälfte der Unternehmen die Beschaffung für das Jahr 2022 bereits erledigt. Beim Blick auf die Terminmarktpreise für 2023 deute sich auch keine Entlastung an, schreibt der DIHK weiter.   

 Viele Unternehmen hätten auf Grund der bereits extrem hohen Preise der letzten Monate abgewartet oder nur für kurze Zeiträume Lieferverträge abgeschlossen. In der Vergangenheit hätten viele Betriebe einmal im Jahr für die kommenden zwölf Monate beschafft. „Das hat sich durch die aktuelle Preisspirale deutlich verändert“, sagt der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks.

Damit stehe jedes zweite Unternehmen vor einer Kostenexplosion, die kaum aufzufangen sei. „Ein mittleres Unternehmen aus der Glasindustrie hat 2015 im Schnitt noch 100.000 Euro pro Monat für seine Energieversorgung bezahlt. Aktuell ist dafür der fünf- bis sechsfache Betrag fällig, manchmal sogar noch mehr.“    

 Großes Interesse an Green-PPAs

 Die aktuellen Preisexplosionen treffen die deutschen Industriebetriebe laut DIHK stärker als ihre internationalen Wettbewerber: „Schon vor dem Angriff auf die Ukraine mussten die deutschen Mittelständler in Europa die höchsten Strompreise bezahlen“, so Dercks. Außerdem bedeute der nationale Zertifikatehandel für eine ganze Reihe von Unternehmen in Deutschland eine teure Sonderbelastung – und das schon gegenüber den EU-Wettbewerbern.

Viele Firmen hätten daher in den vergangenen Monaten bereits nach Auswegen aus dieser Krise gesucht. Wo möglich, wurde die Beschaffungsstrategie bereits verbessert: Knapp zwei Drittel der Unternehmen sehen daher inzwischen die eigenen Möglichkeiten ausgeschöpft. Mehr als 70 Prozent hätten dabei auch Interesse an sogenannten Green PPAs, also langfristigen Direktlieferverträgen für Grünstrom. Denn sie stabilisierten den Strompreis über mehrere Jahre. 

"Weitere kurzfristige Stabilisierungsmaßnahmen nötig"

„Die vorgezogene Abschaffung der EEG-Umlage zum 1. Juli 2022 ist ein wichtiges Signal. Sie kann aber nur einen Bruchteil der höheren Beschaffungskosten ausgleichen“, so DIHK-Vize Dercks. „Nötig sind jetzt kurzfristige Stabilisierungsmaßnahmen, etwa eine Absenkung der staatlichen Umlagen und der Stromsteuer zusammen mit zinsgünstigen KfW-Krediten oder sogar direkten Notfallzahlungen. Mittelfristig brauchen wir Lösungen, um die Höhe der Energiekosten in Deutschland auf einem wettbewerbsfähigen Niveau zu halten. Die Verbesserung der Rahmenbedingungen für grüne Direktverträge wäre ein wichtiger Schritt dorthin.“  

Mehrzahl der Befragten stammt aus Betrieben mit unter 50 Mitarbeitern

Die Befragung erfolgte vom 3. bis zum 27. Februar 2022. 41 Prozent der Antworteten kamen aus Industriebetrieben. 37 Prozent der Antworten kamen aus dem Bereich Dienstleistungen, Handel und Gewerbe vereinten 18 Prozent der Antworten auf sich und auf den Baubereich entfielen vier Prozent.  Die Mehrzahl der Antworten kam mit 53 Prozent aus dem kleinen Mittelstand (bis 50 Mitarbeiter), Unternehmen mit schon einer erheblichen Größe (bis 250 Mitarbeiter) beteiligten sich zu 27 Prozent und Großunternehmen ab 250 Mitarbeiter schließlich machen 21 Prozent aus.  (hoe)