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Nord Stream 2 entlässt alle Mitarbeiter, Altkanzler Schröder laufen sie davon

Während der Pipelinebetreiber offenbar seinen Beschäftigten gekündigt hat, kehrt ein alter Vertrauter dem Ex-Kanzler den Rücken. Zudem gibt es Wirbel um einen CDU-Brief.
01.03.2022

Altkanzler Gerhard Schröder (SPD)

Die Nord Stream 2 AG und Altkanzler Gerhard Schröder müssen offenbar inmitten des russischen Kriegs in der Ukraine ihre Mitarbeiter ziehen lassen. Dabei sind die Gründe durchaus verschieden.

So haben die Betreiber der russischen Ostsee-Pipeline mit Sitz im steuergünstigen Schweizer Kanton Zug nach Angaben des Schweizer Wirtschaftsministers Guy Parmelin allen Angestellten gekündigt. 140 Menschen sollen betroffen sein. Das Unternehmen reagierte am Dienstag zunächst nicht auf eine Anfrage.

US-Sanktionen gegen Nord Stream 2 AG

Nach Angaben einer Behördenvertreterin  soll der Betreiber der russischen Pipeline Nord Stream 2 sogar vor dem Aus stehen. Beim Sender Blick-TV sprach die Zuger Volkswirtschaftsdirektorin Silvia Thalmann-Gut am Dienstag von «Konkurs».  «Nord Stream 2 hat massive Zahlungsschwierigkeiten aufgrund der verhängten Sanktionen», teilte das Departement später auf Anfrage mit.

Die USA hatten vergangene Woche Sanktionen gegen die Nord Stream 2 AG verhängt und damit weitere Geschäfte mit dem Unternehmen untersagt. Zuvor hatte die Bundesregierung das Genehmigungsverfahren für die Pipeline selbst auf unbestimmte Zeit ausgesetzt.

Auch das von Nord Stream 2 gegründete Schweriner Tochterunternehmen Gas for Europe hat seinen Betrieb zunächst eingestellt, wie ein Sprecher auf Anfrage mitteilte. Das Tochterunternehmen war zuvor gegründet worden, um Vorgaben der Bundesnetzagentur zu erfüllen.

Altkanzler ohne Mitarbeiter

Ein herber Rückschlag auch für den früheren Bundeskanzler Schröder. Nach Medieninformationen wollen sich mehrere Mitarbeiter von ihm trennen. So soll sich nach mehr als 20 Jahren Schröders langjähriger Büroleiter und Redenschreiber Albrecht Funk verabschiedet haben, wie das Nachrichtenportal "The Pioneer" und die "Hannoversche Allgemeine Zeitung" berichten.

Auch drei weitere Mitarbeiter des SPD-Politikers gäben ihren Posten auf. Von Schröder und seinem Büro war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten. Mit dem Abschied der vier Mitarbeiter wäre das Büro des Altkanzlers verwaist.

Langjähriger Putin-Freund

Angeblich habe es Differenzen zwischen Funk und Schröder wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine gegeben, heißt es in dem "Pioneer-"Bericht. So solle Funk seinem Chef eine schnelle und klare Distanzierung von Kremlchef Wladimir Putin sowie einen Rücktritt von allen Aufsichtsratsmandaten in russischen Unternehmen empfohlen haben. Von solchen Schritten oder Überlegungen Schröders ist bisher nichts bekannt.

Der frühere Bundeskanzler gilt als langjähriger Freund Putins. Schröder ist Aufsichtsratschef beim staatlichen russischen Energiekonzern Rosneft und hat auch Führungspositionen bei den Pipeline-Projekten Nord Stream und Nord Stream 2.

Schröder-Appell auf Linkedin

Am vergangenen Donnerstag hatte der Altkanzler die Regierung in Moskau im Online-Netzwerk Linkedin zwar aufgefordert, den Krieg in der Ukraine schnellstmöglich zu beenden.

Von persönlichen Konsequenzen war aber nicht die Rede.

Wirbel um "Säbelrasseln"-Vorwurf

Gestoppt werden soll nun aber der Podcast Schröders, wie sein ehemaliger Regierungssprecher Béla Anda der Deutschen Presse-Agentur bestätigte. Der Podcast "Die Agenda" werde angesichts der aktuellen Lage auf Eis gelegt, sagte Anda, mit dem Schröder die Beiträge regelmäßig aufgenommen hatte, der "Bild".

Noch Ende Januar hatte Schröder Kiew in dem Podcast "Säbelrasseln" vorgeworfen, was in der Ukraine auf helle Empörung stieß.

CDU-Brief an SPD-Spitze

Derweil forderte CDU-Generalsekretär Mario Czaja die SPD-Vorsitzenden Saskia Esken und Lars Klingbeil in einem Brief auf, ihren Einfluss auf Schröder geltend zu machen, dass dieser sich von seinen Verbindungen zu russischen Firmen zurückzieht.

Schröder solle auch keine Mittel aus dem Bundeshaushalt für seine Ausstattung mehr erhalten. Alles andere wäre "zynisch gegenüber dem heroischen Freiheitskampf unserer ukrainischen Freundinnen und Freunde", so Czaja in dem Schreiben, das der "Bild"-Journalist Ralf Schuler twitterte und dessen Echtheit der dpa von der CDU bestätigt wurde. 

Schröder-Sanktionen im Gespräch

Die SPD-Spitze hatte von Schröder bereits ein Ende der geschäftlichen Beziehungen zu Putin gefordert. So hatte Klingbeil am Wochenende auf Facebook geschrieben: "Mit einem Aggressor, mit einem Kriegstreiber wie Putin macht man keine Geschäfte. Als Bundeskanzler a.D. handelt man nie komplett privat. Schon gar nicht in einer Situation wie der jetzigen."

Auch Sanktionen gegen Schröder waren im Gespräch. So hatte der Grünen-Europaabgeordnete Reinhard Bütikofer solche Schritte verlangt.

Putin: Schröder "anständiger Mensch"

Mitte Februar hatte Putin Schröder noch als "anständigen Menschen" gelobt und dessen geplante Nominierung für den Aufsichtsrat des russischen Energiekonzerns Gazprom unterstützt. Die Arbeit eines solchen "unabhängigen Experten" werde der Zusammenarbeit mit Deutschland nur nutzen, sagte Putin damals bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Kreml.

Rückkehrrecht ins Kanzleramt

Für Scholz könnte auch ein Rückzug von Funk als Büroleiter Schröders Konsequenzen haben. Laut "Pioneer" hat Funk ein Rückkehrrecht in das Bundeskanzleramt. Ob das Kanzleramt dem Altkanzler neues Personal genehmigt, sei offen.

Für Personalausgaben im Büro von Schröder sind im vergangenen Jahr 407.000 Euro aus der Staatskasse geflossen, wie aus einer Antwort des Kanzleramts auf eine Anfrage der Linksfraktion hervorgeht. Die Ausgaben beträfen die Bezahlung der Mitarbeiter in Schröders Büro. (dpa/aba/hoe)