Sonderkündigungsrecht im Kleingedruckten reicht nicht aus
Das Landgericht Gera gab einer Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (VZBV) gegen die Stadtwerke Energie Jena-Pößneck statt.
Demnach habe der Anbieter nicht ausreichend über beabsichtigte Vertragsänderungen informiert und damit gegen das Energiewirtschaftsgesetz verstoßen. In einem ähnlichen Verfahren habe sich der VZBV bereits gegen den Anbieter Hanwha Q Cells GmbH aus Sachsen-Anhalt durchgesetzt, erklärte der Bundesverband.
"Energielieferanten sind verpflichtet, Kund:innen einfach und verständlich über geplante Preiserhöhungen, Vertragsänderungen und Sonderkündigungsrechte zu informieren", sagt Fabian Tief, Referent im Team Rechtsdurchsetzung des VZBV. "Das Urteil ist ein gutes Signal hin zu einer verbraucherfreundlicheren Praxis unter den Energielieferanten."
Die Stadtwerke Energie Jena-Pößneck, eine Tochter der Stadtwerk Jena, hätten in Preiserhöhungsschreiben an Gas- und Stromkund:innen auch Änderungen der AGB angekündigt und hierzu mitgeteilt: "Alle Anpassungen erfolgen automatisch. Sie müssen nichts tun."
Fehlende Erläuterungen
Das suggerierte nach Auffassung des VZBV, dass Verbraucher:innen nichts dagegen unternehmen können. Auf ihr Sonderkündigungsrecht habe das Unternehmen lediglich kleingedruckt auf der zweiten Seite des Schreibens hingewiesen – versteckt zwischen hervorgehobenen Passagen mit der Aufforderung zur Ablesung des Zählerstandes und der Werbung für einen Treuebonus. Welche Vertragsklauseln wie geändert werden, sei in den Schreiben nicht erläutert worden.
Das LG Gera schloss sich der Auffassung des VZBV an, dass das Unternehmen weder über das Sonderkündigungsrecht noch über die Änderung der Geschäftsbedingungen in einfacher und verständlicher Weise informiert hat, wie es das Energiewirtschaftsgesetz vorschreibt.
"Kündigungsrecht als Serviceleistung dargestellt"
Der Hinweis auf das Sonderkündigungsrecht sei im Gesamtgefüge des Preiserhöhungsschreibens leicht zu übersehen. Darüber hinaus erwecke das Unternehmen den falschen Eindruck, dass es sich beim Kündigungsrecht um eine Serviceleistung des Unternehmens und nicht um ein gesetzliches Recht der Kund:innen handelt.
Das Gericht erklärte außerdem, dass eine Gegenüberstellung der alten und neuen Bedingungen oder eine Erläuterung der beschlossenen Änderungen fehle. Ein bloßer Hinweis auf die neuen Bedingungen reiche nicht aus.
Stadtwerke Jena haben bereits reagiert
Das Urteil des Landgerichts bezieht sich laut den Stadtwerken Jena auf ein Preisanpassungsschreiben aus dem Jahr 2021. Für die Stadtwerke Energie habe es höchste Priorität, Vertragsänderungen für ihre Kund:innen klar und verständlich darzustellen.
"Die Preisanpassungsschreiben entsprechen bereits seit 2022 der geforderten Form." - Stadtwerke Jena
"Aus diesem Grund haben wir bereits im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens und aufgrund von Kundenrückfragen zum damaligen Schreiben unmittelbar Maßnahmen ergriffen, um unsere Kundenkommunikation weiter zu verbessern und auch die im Urteil genannten Punkte transparenter umzusetzen", erklärte eine Sprecherin. Die Preisanpassungsschreiben entsprächen daher bereits seit 2022 der geforderten Form.
"Insofern nehmen wir die vom Landgericht Gera erteilten Hinweise zur Kenntnis. Weitere Rechtsschritte ziehen wir nicht Betracht", so die Sprecherin. (pfa)