Abwasser

Große Engpässe bei Betriebsmitteln für die Phosphorfällung

Lieferschierigkeiten für Betriebsmittel für die Phosphorfällung stellen die Abwasserwirtschaft aktuell vor erhebliche Probleme. Einzelne Länder haben bereits Ausnahmegenehmigungen für höhere Phosphoreinleitungen erteilt.
21.09.2022

Für die Herstellung von Betriebsmitteln für die Phosphorfällung werden beispielsweise Eisensalze benötigt, die derzeit aufgrund von Problemen auf anderen Märkten in geringeren Mengen zur Verfügung stehen.

 

Ohne die Betriebsmittel können die Einleitegrenzwerte für Phosphor nicht eingehalten werden. Darauf verweist die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V. (DWA) in einer Presseerklärung. Bund, Länder und die Wasserwirtschaft müssten alle Kräfte mobilisieren, um die Abwasserentsorger mit den nötigen Fällmitteln zu versorgen, forderte DWA-Präsident Prof. Uli Paetzel. Dies hätten Vertreter der Wasserwirtschaft sowie der Bundesministerien für Umwelt und Wirtschaft bei einem Krisentreffen einstimmig betont.
 
Kurzfristig können die Engpässe nicht behoben werden, dies haben die Hersteller der entsprechenden Betriebsmittel gegenüber der DWA betont. Es fehlen insbesondere Eisensalze, die als Nebenprodukte bei der Herstellung von z.B. Titandioxid für Farben und Lacke anfallen. Eine deutlich verminderte Nachfrage nach diesen Produkten sowie unterbrochene Lieferketten und Preisexplosionen u.a. bei Salzsäure führen zu extremen Lieferengpässen für Eisensalze. Auch alternative Fällmittel sind auf dem Markt kaum zu bekommen.

Ausnahmeregelungen für Grenzüberschreitungen

Eine repräsentative Umfrage der DWA zeigt, dass bereits heute ein Viertel der Kläranlagen Ausfälle von Lieferungen meldet. Bis Oktober erwartet jeder zweite Betreiber den Ausfall von Lieferungen beziehungsweise wurde ihm dieser von den Lieferanten angekündigt.

Aufgrund der Ausnahmesituation kann die Einhaltung der Überwachungswerte für Phosphor derzeit nicht in jedem Fall garantiert werden, stellt die DWA fest. Die Politik müsse zeitnah handeln, um den ordnungsrechtlichen Druck auf die Betreiber für unvermeidbare Notsituationen und mögliche unverschuldete Betriebsstörungen zu nehmen.

Abwassergebühren könnten stark steigen

Die norddeutschen Bundesländer Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern sowie Nordrhein-Westfalen haben bereits entsprechende Erlasse an die zuständigen Wasserbehörden geschickt. Andere Länder wollen dies kurzfristig tun. Die DWA begrüßt die pragmatische Herangehensweise der Landesumweltministerien zur Duldung unter strengen Auflagen ausdrücklich. Gleichzeitig sei aber auch der Bund gefordert, bundeseinheitliche Regelungen für die Krise zu initiieren.

Mit einer Duldung unter strengen Auflagen muss gleichzeitig auch eine drastische Erhöhung der vom Kläranlagenbetreiber zu entrichtenden Abwasserabgaben, die über die Abwassergebühren vom Bürger getragen werden, verhindert werden. Die Branche spricht hier von einer „Rakete“. Diese gilt es, in der aktuellen von den Betreibern nicht verschuldeten Notlage zu vermeiden.

Runder Tisch in den Ländern

Es gelte aber auch, alle anderen Instrumente zur Einhaltung der Vorgaben einsatzbereit zu machen und zu prüfen, was vor Ort funktioniert. Dazu setzt sich die DWA für die Bildung von Runden Tischen in den Ländern ein.

Möglich sei beispielsweise ein reduzierter Fällmitteleinsatz oder eine optimierte Regelung zur Werteeinhaltung ohne Sicherheitspuffer. Ordnungsrechtlich kann dies aber aufgrund der Regelungen des Abwasserabgabengesetzes problematisch sein. Aktuell liegen die Ablaufwerte der Kläranlagen in Deutschland bei etwa 50 Prozent der Mindestanforderung. Dieser Sicherheitspuffer wird benötigt, um gegebenenfalls auftretende Belastungsspitzen aufzufangen.

Einsatz von Bio-Verfahren

Denkbar sei auch eine „Nachbarschaftshilfe“ unter den Kläranlagen. Diese könne aber nur mit entsprechender Unterstützung durch die Behörden funktionieren. Insbesondere der Transport müsse fachgerecht erfolgen.

Auch der verstärkte Einsatz von Bio-Phosphor-Verfahren ist zu prüfen. Hier übernehmen spezielle Mikroorganismen den Phosphatabbau, ein Einsatz von Fällmitteln ist nicht notwendig. Es müssten aber anaerobe Zonen ausgebildet werden, Bio-P-Verfahren sind daher nicht auf allen Kläranlagen einsetzbar und gewährleisten nicht das jederzeit sichere Einhalten der Grenzwerte. Auch können hiermit negative Auswirkungen auf die Entwässerbarkeit der Klärschlämme verbunden sein.

Bund muss sich um das Problem kümmern

Parallel zu diesen Bemühungen müsse sich der Bund für die Salzsäureproduktion einsetzen, um unter anderem Eisen aus Eisenschrott lösen zu können, fordert der DWA. Auch der verstärkte Bezug von alternativen Fällmitteln über den Weltmarkt sind vom Bund zu forcieren beziehungsweise finanziell zu unterstützen. (hp)