Abwasser

Plastikmüll im Ackerboden hält sich jahrzehntelang

Auch nach 30 Jahren bleiben Plastikteilchen im Acker erhalten, wenn dieser mit Klärschlamm gedüngt wurde, der Kunststoffpartikel enthielt. Das haben Wissenschaftler der Philipps-Universität Marburg herausgefunden. Das Problem: Daran lässt sich nichts ändern.
10.05.2022

Kunststoffmüll hält sich jahrzehntelang in der Agrarlandschaft, fanden Geographen aus Marburg heraus.


„Die Vermüllung mit Kunststoffpartikeln auf landwirrtschaftlich genutzten Flächen lässt sich mittlerweile flächendeckend nachweisen“, sagt der Marburger Geograph Collin Weber, der Erstautor eines Fachaufsatzes, der im Wissenschaftsmagazin „Scientific Reports“ veröffentlicht wurde.

Das meiste Mikroplastik auf Ackerflächen stammt aus der Landwirtschaft, zum Beispiel aus der Düngung mit Klärschlamm. Der Abfall aus Kläranlagen enthält im Schnitt fast hundert Plastikteilchen pro Gramm. „Was mit den Partikeln geschieht, nachdem sie in die Agrarlandschaft gelangt sind – ob der Kunststoff abgebaut wird oder sich räumlich verteilt –, blieb bisher unklar“, erklärt Koautor Prof. Peter Chifflard.

Detaillierte Nutzungsdaten

Um herauszufinden, was mit dem Kunststoff passiert, nahmen die Forscher Agrarflächen bei Rauischholzhausen in Mittelhessen unter die Lupe. Zu diesen Äckern liegen für die vergangenen Jahrzehnte detaillierte Aufzeichnungen über die Nutzung vor, weil sie zu einer Lehr- und Forschungseinheit der Universität Gießen gehören.

„Seit Mitte der 1980er Jahre wurde auf den untersuchten Flächen kein Klärschlamm mehr verwendet“, erläutert Chifflards Mitarbeiter Alexander Santowski, der dritte Mitverfasser. Wie das Team ermittelte, weist die Oberfläche auch nach 30 Jahren noch immer eine hohe Dichte von Makroplastik auf – darunter versteht man Kunststoffpartikel ab einer Größe von fünf Zentimetern. Gräbt man bis zu neunzig Zentimeter tief im Boden, so stößt man auf bis zu 56 Plastikpartikel pro Kilogramm Trockenmasse.

Umweltvorschriften kommen zu spät

„Die Flächen mit direktem Klärschlammeintrag enthalten das meiste Plastik“, berichtet Weber, „rundherum findet man deutlich weniger. Durch die Bodenbearbeitung verteilen sich die Kunststoffteilchen mit der Zeit aber über die Ackerflächen, insbesondere durch das Pflügen des Oberbodens.“

Wie die Autoren schlussfolgern, bilden Ackerböden ein Reservoir für die menschengemachte Kunststoffverschmutzung, so dass neue Umweltvorschriften und Strategien zur Vermeidung von Plastik bereits zu spät kommen. „Alle bekannten und neuen Folgen der Kunststoffverschmutzung auf Böden, Bodenorganismen oder Pflanzen, die von der Wissenschaft entdeckt werden, wirken sich über einen längeren Zeitraum aus.“ (hp)