Breitband

Kostentransparenz für Open-Access-Netze

Noch sind Glasfasernetze in Deutschland weitgehend unreguliert. Doch wie lange das noch so bleibt, ist fraglich. Ein Gastbeitrag von Dirk Fieml von TKT Vivax, der sich für angemessene und auskömmliche Netzentgelte ausspricht.
25.11.2024

Dirk Fieml ist Vorsitzender der Geschäftsführung und Gründer von TKT Vivax.

Gastbeitrag von
Dirk Fieml,
Vorsitzende der Geschäftsführung
TKT Vivax


Im Gegensatz zum Pachtmodell, bei dem die Nutzung von Teilen der Netzinfrastruktur über langfristige Verträge vergeben wird, wird das Netznutzungsentgelt für die Errichtung, Instandhaltung, Entstörung und den aktiven Netzbetrieb der gesamten Netzinfrastruktur monatlich pro aktivem Endkunden des Netznutzers abgerechnet. Damit entfällt die Exklusivität, die Pachtmodelle mit sich bringen, und es kann ein deutlich höheres Entgelt erzielt werden. Allerdings nur, wenn die Netznutzung entsprechend hoch ist, da wie gesagt nur die aktiven Nutzer als Basis zählen.

Die erste große Herausforderung bei der Netzentgeltkalkulation besteht darin, genau zu definieren, welche Kosten in die Berechnung einfließen sollen und dürfen. Anders als bei den Stromnetzen sind hier Vertrieb und Betrieb regulatorisch nicht getrennt (kein Unbundling). Daher muss sowohl bei der Abrechnung und dem Service als auch beim Vertrieb von Netzanschlüssen und Produkten genau unterschieden werden, welche Kosten dem Netz und welche dem Vertrieb zuzuordnen sind.

Da die Entgelte diskriminierungsfrei zu gestalten sind, darf der interne Ansatz für die Netzkosten und die Netzmarge nicht höher sein als für externe Anbieter. Zudem muss das Netzentgelt so angesetzt werden, dass über den Produktvertrieb ausreichende Erlöse erzielt werden können. 

"Auch dynamische Daten wie Kundenverhalten
oder Wettbewerb müssen berücksichtigt werden."

Die Netzentgeltkalkulation ist somit ein erfolgskritischer und komplexer Prozess, da sich Fehlkalkulationen negativ auf ein erfolgreiches und wirtschaftliches Glasfasergeschäft auswirken. Dabei müssen nicht nur die vielschichtigen Kostenkomponenten aus den Daten von Netz, Diensten und Vertrieb extrahiert werden.

Auch dynamische Daten wie Kundenverhalten oder Wettbewerb müssen berücksichtigt werden. Das Ganze sollte nachvollziehbar und verursachungsgerecht sein, um dieses Netzentgelt im Ernstfall auch gegenüber Dritten, sprich der Bundesnetzagentur, verteidigen zu können. Und da die Rahmenbedingungen volatil sind, sich Netznutzung, Wettbewerb oder Kundenzahlen jederzeit ändern können, muss die Betrachtung der Ergebnisse wiederholbar sein und regelmäßig überprüft werden.

Für die Berechnung spielen daher einerseits die Finanzdaten, andererseits aber auch die Marktdynamik eine zentrale Rolle. Die Finanzdaten sind relativ einfach zu ermitteln. Sie setzen sich zusammen aus dem Wacc, dem gewichteten durchschnittlichen Kapitalkostensatz, den Capex, also den Investitionen, sowie den Opex, den operativen Ausgaben.

Der Wacc (Weighted Average Cost of Capital) ist ein Instrument zur Beurteilung der Rentabilität eines Projektes. Er fasst die Kosten der Unternehmensfinanzierung, die verschiedenen Kapitalquellen und deren Anteile mit dem Eigenkapital und der Verzinsung des Fremdkapitals zusammen. Zusätzlich werden Faktoren wie Risikoprämien berücksichtigt. Der Capex (Capital Expenditure) steht für die finanziellen Mittel, die ein Unternehmen beispielsweise in Tiefbau, Technik und Ähnliches investiert, um das definierte Ziel, etwa ein funktionierendes Glasfasernetz, zu erreichen. Unter Opex (Operational Expenditure) werden die laufenden Betriebsausgaben wie Personal, Marketing, Mieten und so weiter verstanden.

"Eine geringe Netzauslastung kann
höhere Netzentgelte notwendig machen."

Bei der Betrachtung der Marktdynamik ist die Netzauslastung ein zentraler Bestandteil der Kalkulation. Denn je mehr von der verfügbaren Netzkapazität tatsächlich genutzt wird, desto besser ist die Kostenverteilung. Eine geringe Netzauslastung kann dazu führen, dass höhere Netzentgelte notwendig werden, um einen nachhaltigen Betrieb zu gewährleisten. Hinzu kommen die vorhandenen Potenziale wie das Netz- und Marktgebiet mit seiner Zusammensetzung und Struktur hinsichtlich der Bevölkerungsstruktur, der Verteilung von Ein- und Mehrfamilienhäusern oder der Potenziale in Industrie und Gewerbe.

Diese Daten können dann für Analysen genutzt werden, um ungenutzte Potenziale sichtbar zu machen, die durch Verdichtungen oder Produktanpassungen erschlossen werden können. Am Ende steht die Endkunden- und Produktstruktur, also die Basis für die Kostentreiber. Hier wird bewertet, wie sich die Endkunden auf das unterstellte Produktportfolio verteilen, um ein verursachungsgerechtes Entgelt kalkulieren zu können. Insbesondere bei einer produktabhängigen Netzentgeltstaffelung ist dies ein entscheidender Faktor.

"Auch Abweichungen vom Businessplan
können frühzeitig erkannt werden."

Um all diese Faktoren einheitlich, nachvollziehbar und vor allem wiederholbar betrachten zu können, wurde mit Vivax Fiber Value ein Kalkulationstool geschaffen, mit dem die Netzpreiskalkulation ganzheitlich umgesetzt werden kann. Dies betrifft nicht nur die reine Kalkulation von Netzentgelten für externe Diensteanbieter. Es besteht auch die Möglichkeit, eigene Endkundenprodukte und Open-Access-Produkte preislich abzubilden und zu vergleichen, um eine optimale Preisgestaltung zu erreichen.

Über "Was-wäre-wenn-Analysen" kann laufend überprüft werden, ob Produktpreise und Tarifstaffeln angepasst werden müssen oder nicht. Auch Abweichungen vom Businessplan können frühzeitig erkannt werden.

Mit Hilfe von Szenarioanalysen können verschiedene Optionen für die zukünftige Geschäftsentwicklung durchgerechnet werden. Dabei hilft eine jährlich rückwirkende Betrachtung der tatsächlich abgerufenen Bandbreiten. Schließlich ist man im Ernstfall auch auf drohende regulatorische Anforderungen vorbereitet und kann jederzeit Auskunft über die tatsächlichen Netzkosten geben.