Überbau durch die Telekom: Verbände kritisieren angebliche politische Einflussnahme
Anga, Breko, VATM und VKU erheben in einer Pressemitteilung schwere Vorwürfe gegen die Leitung des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV). Staatssekretär Stefan Schnorr habe massiven politischen Einfluss auf den Zwischenbericht der Bundesnetzagentur (BNetzA) zum Doppelausbau von Glasfasernetzen genommen, heißt es. Die Verbände berufen sich auf Tagesspiegel-Recherchen.
Nach Überzeugung der Verbände schützt das Ministerium die Interessen der Telekom. Der Vorwurf: Durch das Zutun der Politik könne die Telekom den Glasfaser-Doppelausbau fortsetzen. Dieser ist aus Sicht der Verbände ein Ärgernis, da er den flächendeckenden Glasfaserausbau für ganz Deutschland weiter ausbremse.
Schwere Vorwürfe gegen Schnorr
Konkret werfen die Verbände in ihrer Mitteilung Staatssekretär Schnorr vor, ein unter anderem von der Bundesnetzagentur als notwendig erachtetes „Auskunftsersuchen“ gegenüber der Telekom verhindert zu haben. Dieses Ersuchen hätte eigentlich das Ziel gehabt, die Ausbauplanung der Telekom kritisch unter die Lupe zu nehmen.
Schnorr, so die Darstellung der Verbände, habe aber argumentiert, dass man die Telekom nicht an den Pranger stellen dürfe. Auch eine Passage, in der die BNetzA die Vertriebsmethoden der Telekom beim gezielten Doppelausbau besonders lukrativer Teilbereiche als „aggressiv“ und „wettbewerbsschädigend“ bezeichnete, soll sie auf Wunsch des Digitalministeriums aus ihrem Entwurf gestrichen haben.
Ministerium dementiert
Ein Sprecher des Digitalministeriums weist die Vorwürfe zurück. Die Bundesnetzagentur und das BMDV hätten sich bei der Erstellung des Zwischenberichts der Monitoringstelle Glasfaserdoppelausbau bei mehreren Gelegenheiten und auf verschiedenen Ebenen abgestimmt, teilte der Sprecher auf ZfK-Anfrage mit. Ein solcher Abstimmungsprozess zwischen den Häusern erfolge im Rahmen der Fachaufsicht und sei keinesfalls ungewöhnlich. "Dass erste Entwürfe der Arbeitsebene im Laufe der Erstellung und nach Klärung weiterer aufgekommener Fragen, auch innerhalb der Bundesnetzagentur, verändert werden, ist ebenso wenig ungewöhnlich", heißt es aus dem Ministerium.
Ohnhin gehe der Glasfaserausbau so schnell voran wie nie zuvor. Nach aktuellen Zahlen der BNetzA verfügten Ende 2023 32,08 Prozent aller Haushalte über einen Glasfaseranschluss bis ins Gebäude (FTTB) beziehungsweise bis in die Wohnung (FTTH) – nach Ministeriumsangaben ist das eine Steigerung um fast 50 Prozent innerhalb eines Jahres.
Politik will Tempo steigern
Dieses hohe Tempo wollen man halten und noch steigern. Der Zwischenbericht der Monitoringstelle leiste einen wertvollen Beitrag, um Transparenz im Markt zum aktuellen Ausbaugeschehen zu schaffen und so effizient wie möglich zu planen und zu bauen.
Auch zum weiteren Vorgehen äußerte sich der Sprecher: Die BNetzA werde nun basierend auf dem Bericht weitere Analysen durchführen, damit Fälle von etwaigem ineffizienten Doppelausbau frühzeitig erkannt und künftig möglichst vermieden werden. Die Anzahl der bei der Monitoringstelle gemeldeten Fälle, die auch Ankündigungen von Doppelausbau umfassen, sei im Vergleich zu der großen Anzahl bereits realisierter Glasfaseranschlüsse jedoch marginal.
Forderungen der Verbände
Den Verbänden geht das alles nicht weit genug: Die Telekom müsse verpflichtet werden, ihre Glasfaser-Ausbauplanung vertraulich bei der Bundesnetzagentur zu hinterlegen. Es sei dann Aufgabe der BNetzA, schnell und zuverlässig feststellen, ob und in welchen Fällen die Telekom ihre Marktmacht missbrauche, um Wettbewerber durch strategischen Doppelausbau zu verdrängen. Es dürfe nicht sein, dass das Digitalministerium und die BNetzA einseitig die Interessen der Telekom schützen und so Glasfaserausbau und Digitalisierung ausbremsen. (amo)