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Von der tristen Kommunikation zur Start-up-Kultur

Chatbots, Sprachassistenten oder Blockchain: Der 3. Jahreskongress des Bundesverbands der Energiemarktdienstleister (BEMD) in Mannheim beschäftigte sich intensiv mit neuen Wegen der Kundenkommunikation.
20.11.2018

„Insbesondere kleinere Unternehmen können sich nicht alleine in die neue Welt katapultieren, sondern sind auf Partner angewiesen“, sagte Dietmar Sperfeld, Vorstandsvorsitzenden des BEMD und Chef der MVV-Tochter Soluvia Billing, in Mannheim

Am Ende der Veranstaltung fasste Moderator Hermann Janning für die rund 120 Teilnehmer das umfangreiche Tagungsprogramm in vier Punkten so zusammen: Das Betätigungsfeld für die Dienstleister der Energiewirtschaft wird größer, auf der anderen Seite steigt die Veränderungsgeschwindigkeit rasant, und die zunehmende Individualisierung des Energievertriebs sorgt für immer speziellere Lösungen. Hinzu kommt ein hoher Veränderungsdruck bei den Mitarbeitern, um den neuen Herausforderungen gewachsen zu sein.

Letzteres beschrieb der Vorstand der MVV Energie, Hansjörg Roll, so: „Wir entwickeln in einigen Unternehmsbereichen eine Start-up-Kultur.“ Vor zehn Jahren sei die Kundenkommunikation „trist, grau und langweilig“ gewesen. Heute bedeute Produktentwicklung einen klaren Kundenfokus, ständige Interaktion, den Einsatz von immer komplexeren Lösungen und eine schnelle Umsetzungsdynamik, so Roll.

Künstliche Intelligenz als ausichtsreiche Option für Energieversorger

Der Amazon-Mitarbeiter Thomas Menthe ist sich sicher:Die Energiewirtschaft steht vor der größten Disruption seit Einführung der Elektrifizierung. Derbeim amerikanischen IT-Konzern für die Themen Utility und Energy zuständige Manager sieht große Chance für eine weitere Digitalisierung der Kommunikation. „Kunden sind geplagt von langen Wartezeitenzur Lösungsfindung“, betonte er in Mannheim. Um die Kundenbindung zu verbessern, sei eine persönlichere Ansprache vonnöten.

Für den Einsatz künstlicher Intelligenz und einer weiteren Automatisierung sieht Menthe zahlreiche Ansatzpunkte in den Geschäftsfeldern eines Energieversorgers, egal ob es digitale Assistenten im intelligenten Zuhause sind, die Predictive Maintenance im Anlagenbetrieb, genaue Analysen und Vorhersagen durch Machine Learning bei der Auswertung von Smart-Meter-Daten, die Automatisierung des Energiehandels über Algorithmic Trading oder den Einsatz von Chatbots, Sprachassistenten oder Apps in der Kundenkommunikation.

Chatbot im Praxistest

Von Letzteren berichtete auf der Tagung des Verbandes BEMD Rolf Hartung, Marketingreferent bei den Stadtwerken Bochum. Dort testet man seit diesem Sommer das Sprachinterface Google Assistent in der Kundenkommunikation. Mit Service Bots lasse sich nicht nur die Customer Experience verbessern, sondern auch die Kundenkommunikation vereinheitlichen, so Hartung. Er geht davon aus, dass das Sprachinterface in Zukunft das führende Interface sein wird. Allerdings ist man auch in Bochum noch auf der Suche nach dem gewinnbringenden Einsatz der Sprachsteuerung. Am ehesten sieht Hartung hier weniger komplexe Anwendungen wie die Übermittlung des Zählerstands oder die Anpassung von Abschlagszahlungen. Aber auch hier gilt es, den Kunden nicht zu enttäuschen. Hartungs Erfahrung besagt: „Wenn es einmal schlecht funktioniert, macht man es kein zweites Mal.“

BEMD will bei Fachkräften unterstützen

Für den Vorstandsvorsitzenden des BEMD und Chef der MVV-Tochter Soluvia Billing, Dietmar Sperfeld, ist es keine Frage, dass die Herausforderungen sowohl für die Energieversorger als auch für ihre Dienstleister steigen werden. „Insbesondere kleinere Unternehmen können sich nicht alleine in die neue Welt katapultieren, sondern sind auf Partner angewiesen“, sagte Sperfeld in Mannheim. Deshalb weitet der BEMD auch sein Angebot aus. Unter anderem will man Unterstützung beim Thema Fachkräfte anbieten, um die Herausforderungen bei der Akquise sowie der Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitern zu meistern.

Aktualisierte Marktübersicht zu IT-Anbietern von Meter-to-Cash geplant

Im kommenden Jahr soll zudem die Marktübersicht über IT-Anbieter von Meter-to-Cash-Lösungen aktualisiert werden. Darüber hinaus ist im Bereich Usability gemeinsam mit dem Karlsruher KIT im Frühjahr 2019 eine Enduser-Befragung geplant. (sg)