Smart City / Energy

Viessmann und Übertragungsnetzbetreiber erweitern Projekt zur intelligenten Nutzung von Wärme und Strom

Projektziel ist es, mit vielen Wärmepumpen ein „virtuelles Kraftwerk“ zu etablieren, um Systemstabilisierung im Stromnetz zu erreichen.
07.06.2023

Hessen, Allendorf (Eder): Die Fertigungshalle für Wärmepumpen bei Viessmann.

Wann und in welchem Ausmaß die zweite Novelle des Gebäudeenergiegesetzes verabschiedet wird, ist aktuell noch unklar. Mit Wärmepumpen soll der Umstieg auf erneuerbare Energien beim Heizen und bei der Warmwasserbereitung und somit die Dekarbonisierung des Wärmebereichs erreicht werden. Nach den Zielen der Bundesregierung soll daher auch die Zahl an installierten Wärmepumpen von heute eine Million auf ca. sechs Millionen Geräte im Jahr 2030 steigen.

Deutschland soll dadurch unabhängiger von fossilen Energieträgern und Energieimporten werden. Gleichzeitig kommen neue Herausforderungen auf die Energiewirtschaft zu: Wie können diese Anlagen an die Verteilnetze angeschlossen und wie kann das elektrische Gesamtsystem bei steigender Elektrifizierung und gleichzeitig zunehmender Dargebotsabhängigkeit der Stromerzeugung weiterhin stabil betrieben werden? Antworten soll das Pilot "ViFlex" geben, das Viessmann gemeinsam mit teilnehmenden Wärmepumpen-Besitzerinnen und -Besitzern sowie den drei deutschen Übertragungsnetzbetreibern TenneT, TransnetBW und 50Hertz gestartet hat.

Intelligente Integration von Wärmepumpen

Wenn künftig Millionen Wärmepumpen gleichzeitig laufen, werden sie einen großen Strombedarf aus erneuerbaren Energien oder aus Großkraftwerken benötigen. Jedoch gilt auch umgekehrt: Wenn viele Wärmepumpen gleichzeitig das Signal erhalten, den Betrieb für einige Minuten oder sogar Stunden einzustellen, kann dies Engpässe im Stromnetz verhindern oder den Einsatz konventioneller Kraftwerke reduzieren.

Der Betrieb von Wärmepumpen kann gezielt in jene Stunden eines Tages gelegt werden, in denen in einzelnen Regionen Deutschlands ein Überschuss an Wind- oder Photovoltaik-Strom besteht, der anderweitig nicht mehr genutzt werden kann („Nutzen statt Abregeln“). Und genau diese koordinierte Lastverschiebung einer Vielzahl von Wärmepumpen wird im Rahmen des Pilotprojekts „ViFlex“ getestet.

Teilnahme an Pilotprojekt für Wärmepumpenbesitzer ohne zusätzlichen Aufwand

„Die fortschreitende Elektrifizierung des Wärme- und Verkehrssektors birgt für uns Übertragungsnetzbetreiber neue technische Herausforderungen. Gleichzeitig bietet uns die intelligente Steuerung der Verbräuche von Wärmepumpen oder Elektrofahrzeugen hierfür Lösungsoptionen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir mit diesem innovativen Pilotprojekt im Laufe des Jahres den potenziellen Teilnehmerkreis deutlich vergrößern und anschließend die Stabilität der Betriebsprozesse verbessern können”, so Jochen Bammert, Teamleiter Nichtstandardisierte Märkte bei TransnetBW.

Seit dem Frühjahr 2023 können in den drei Übertragungsnetzgebieten von TenneT, TransnetBW und 50Hertz bereits netzstabilisierende Maßnahmen mit Viessmann-Wärmepumpen getestet werden. Konkret bedeutet dies, dass interessierte Viessmann-Kundinnen und -Kunden der systemdienlichen Steuerung ihrer Wärmepumpe zustimmen können, indem sie den „Flexmodus“ auf der ViShare-Webseite aktivieren. Der Vorteil: Kunden, die ihre Wärmepumpe bereits per ViCare-App mit dem Internet verbunden haben, müssen keinerlei zusätzliche Technik verbauen.

Flexmodus bindet Wärmepumpe an virtuellen Schwarm an

Durch die Aktivierung des „Flexmodus“ wird die Wärmepumpe an den virtuellen Wärmepumpenschwarm angebunden. „Unsere Motivation ist es, den Flexmodus für so viele Besitzer einer Viessmann-Wärmepumpe wie möglich nutzbar zu machen”, kommentiert Dr. Hans Schermeyer, Product Owner Energy Services bei Viessmann, die innovative Wärmepumpen-Steuerung.

„Bei den Algorithmen zur Steuerung hat Viessmann großen Wert daraufgelegt, dass der Heizkomfort der Haushalte nicht oder für die Bewohner nicht merkbar beeinträchtig wird. Gleichzeitig erhalten die teilnehmenden Haushalte einen Mitmachbonus und können somit ihre Stromkosten senken. Mit dem Flexmodus wird es ganz einfach mit der eigenen Heizung der Gemeinschaft einen Dienst zu erweisen”, so Schermeyer weiter.

Ziel: Systemstabilität über mehrere Stunden mit virtuellem Kraftwerk

Für die beteiligten Kundinnen und Kunden erstellt Viessmann täglich eine Vorhersage des Betriebs der Wärmepumpe und ermittelt so die Flexibilität der einzelnen Anlage, um zum Beispiel in einer bestimmten Stunde weniger Strom zu verbrauchen und dafür in einer anderen Stunde mehr. Auch kann der Betrieb der Wärmepumpe auf einen früheren Zeitpunkt vorgezogen werden.

Bei entsprechend großer Anzahl von teilnehmenden Haushalten können in Situationen mit hoher Stromeinspeisung aus erneuerbaren Energien die Wärmepumpen deren Energie aufnehmen, anstatt dass deren Einspeisung abgeregelt werden muss. Mit diesem flexiblen Vorgehen wollen die Übertragungsnetzbetreiber perspektivisch indirekt den Wärmepumpenbetrieb verlagern, wenn es für die Systemstabilität hilfreich ist. Projektziel ist es, durch die Aggregation vieler Wärmepumpen zu einem „virtuellem Kraftwerk“ einen großen Effekt über mehrere Stunden zu erreichen, bei dem jeder einzelne seinen kleinen Beitrag leistet. (sg)