Gas

Biogas: Mit Rückenwind in die neue Legislaturperiode

Anhebung des Ausschreibungsvolumens, höherer Flexibilitätszuschlag: Die Biogasbranche freut sich über neue Perspektiven für Tausende Anlagen, sieht aber auch Nachbesserungsbedarf. Ein Gastbeitrag von Horst Seide.
24.03.2025

Horst Seide fordert bessere Rahmenbedingungen für die Biogasbranche.

Gastbeitrag von
Horst Seide,
Präsident des Fachverbandes Biogas
                                                                                                                                                                                                                                         

Die Verabschiedung des Biomassepakets ist nicht nur für die Biogasbranche ein wichtiges Signal, sondern sollte auch im Kontext der gesamten Energiewende als großer und wichtiger Schritt in Richtung einer klimaneutralen Volkswirtschaft gesehen werden. Bereits 2021 unterstrich der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) in seiner Strommarktdesign-Studie das enorme Potenzial von Biogas im künftigen Strommarkt. Während der starke Ausbau der fluktuierenden erneuerbaren Energien weiter voranschreitet, sollen unter anderem Speichertechnologien wie flexible Biogasanlagen dann einspringen, wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint. So können bei einer dreifachen Überbauung des Anlagenbestandes bereits 2030 12 Gigawatt gesicherte Leistung am Netz sein.

Dabei war der Weg zu dieser richtungsweisenden Entscheidung mehr als steinig. Der erste Entwurf aus dem Bundeswirtschaftsministerium wollte bis zu 770 Millionen Euro gegenüber dem EEG 2023 einsparen und so die geplante fossile Kraftwerksstrategie quersubventionieren. Die Reaktion aus der gesamten Branche kam prompt: Der auf dem Tisch liegende Entwurf stellte keine Verbesserung des desaströsen EEG 2023 dar, sondern aufgrund seiner vielen praxisfernen Vorgaben und des geringen Ausschreibungsvolumens sogar eine Verschlechterung. 

Rettung in letzter Minute

Kurze Zeit später wurde der Referentenentwurf glücklicherweise von den Bundestagsfraktionen der SPD sowie der Grünen noch einmal aufgegriffen und grundsätzlich nachgebessert. Die Bestrebungen innerhalb der Minderheitsregierung zielten nicht nur auf eine grundsätzliche Handlungsfähigkeit des politischen Betriebes, sondern vor allem auch auf die Finalisierung eines so dringend benötigten Biomassepaketes ab. 

Doch auch dieser Entwurf hätte für einen Großteil der Biogasbrache ernste Schwierigkeiten in der Umsetzung bedeutet: Zu wenig Ausschreibungsvolumen bei einer gleichzeitig viel zu hohen, vierfachen Überbauungsanforderung hätte zwingend zu einem beispiellosen Anlagenrückbau geführt. Durch die Beteiligung der Union an den Verhandlungen konnten dann letztendlich wesentliche Änderungen am Gesetzentwurf herbeigeführt werden.

Viel für die Branche erreicht

Das Ergebnis: eine deutliche Erhöhung des Ausschreibungsvolumens auf insgesamt 1648 Megawatt (MW) in 2025 (inklusive eines Teils des nicht bezuschlagten Biomethanvolumens) und 1126 MW (zuzüglich eines Teils des nicht bezuschlagten Biomethanvolumens). Ebenso wird der Flexibilitätszuschlag auf 100 Euro/kW angehoben und der zweite Vergütungszeitraum auf 12 Jahre verlängert. Die Frist zwischen Ausschreibung und Wechsel in den zweiten Vergütungszeitraum wird gegenüber dem Fraktionsentwurf auf nun 3,5 Jahre verlängert. Daneben gibt es Erleichterungen bei den Anforderungen an die Überbauung: Anlagen, die nach Inkrafttreten des Gesetzes im Ausschreibungsverfahren einen Zuschlag erhalten, müssen anders als im ursprünglichen Entwurf nicht mehr vierfach, sondern nur noch dreifach überbauen; für Kleinanlagen < 350 kW soll weiterhin eine doppelte Überbauung ausreichen. 

Leider konnte die Umstellung bei der Systematik der Überbauungsanforderungen, die wir stark kritisiert haben, nicht verhindert werden. Bei allen Anlagen, die nach Inkrafttreten des Gesetzes einen Zuschlag erhalten, wird zukünftig nicht mehr die jährliche Bemessungsleistung begrenzt, sondern die Zahl der jährlich vergütungsfähigen Betriebsstunden. Genauso konnte man sich beim Maisdeckel auf keine weiteren Änderungen mehr einigen, so dass er wie vom BMWK geplant noch einmal um 5 Prozentpunkte abgesenkt wird.

Neue Bundesregierung muss nachbessern

Die Politik hat mit diesem Kompromiss hingegen gezeigt, dass sie bereit ist, das enorme Potenzial von Biogas für das Gelingen der Energiewende zu nutzen. Die neue Bundesregierung steht nun vor der Herausforderung, die mit dem Biomassepaket begonnene Überführung des Biogasanlagenbestandes in eine flexible Zukunft abzusichern. Hierfür braucht es klare, langfristig planbare Rahmenbedingungen. Dazu zählen nicht nur die Überlegungen zu einem zukünftigen Kapazitätsmarkt nach Auslaufen des EEG, sondern auch Korrekturen am aktuellen Biomassepaket. Insbesondere im Hinblick auf Übergangsregelungen für 2005er und 2006er Anlagen, die Schwierigkeiten haben werden, in der Kürze der Zeit die neuen EEG Anforderungen zu erfüllen, höhere Ausschreibungsvolumina ab 2027 sowie Verbesserungen, die besonders Kleinanlagen, güllebetonte Biogasanlagen und wärmegeführte Anlagen adressieren, müssen noch einmal nachverhandelt werden. Denn eines wird sich vorerst nicht ändern. Wie auch in den vorherigen Jahren seit Einführung des EEG gilt: Nach dem EEG ist vor dem EEG.