Gas

Deutsche Erdgasnot: Schneckentempo bei Speichern, Gasverstromung auf Rückzug

Bislang wurde im Juli deutlich weniger Erdgas verstromt als im Vormonat. Währenddessen verschärft sich die Speichersituation insbesondere in Bayern.
18.07.2022

Der Gasspeicher in Wolfersberg ist der leerste Speicher in Süddeutschland. Sein Füllstand am Samstag: 26 Prozent.

Deutschlands Ringen um Erdgasmengen zeigt sich an zwei Fronten immer deutlicher. Zum einen füllen sich die Gasspeicher nur noch im Schneckentempo. Und zum anderen zeigt sich die Erdgasverstromung im Vergleich zu den Vormonaten, aber auch im Vergleich zu den Vorjahren rückläufig. Indessen sanken die Gaspreise im Großhandel infolge erhöhter Flüsse aus Norwegen auf weniger als 160 Euro pro MWh (TTF, Liefermonat August).

Zuerst zum Füllstand der Gasspeicher, die als Winterreserve gelten und laut Gasspeichergesetz am 1. Oktober mindestens zu 80 Prozent gefüllt sein müssen. Seit Beginn der Wartungsarbeiten an der Ostseepipeline Nord Stream 1 geht es nur noch sehr, sehr langsam voran, wie weiterhin Daten des Branchendienstes AGSI+ belegen.

Füllstand insgesamt bei 64,8 Prozent

Demnach speicherte Deutschland zuletzt nur noch maximal 0,5 TWh pro Tag ein. Das entspricht einer täglichen Zuwachsrate von Füllsthöchstens 0,2 Prozentpunkten.

Am Samstag betrug der aggregierte Füllstand aller Speicher 64,8 Prozent.

Bayerische Speicher hinken hinterher

Sorgen bereiten immer mehr die Gasspeicher in Bayern. Nur zwei der fünf Anlagen liegen über dem Bundesdurchschnitt. Die Uniper-Speicher Breitbrunn (57 Prozent), Bierwang (47 Prozent) sowie der Bayerngas-Speicher Wolfersberg (26 Prozent) hinken dagegen teils deutlich hinterher. Wolfersberg wird mittlerweile unter maximaler Ausnutzung der Einspeicherleistung vom Marktgebietsverantwortlichen THE befüllt.

Auch die beiden in Österreich gelegenen Speicher Haidach und Seven Fields, die ebenso ins bayerische Netz einspeisen, sind deutlich leerer als der deutsche Bundesdurchschnitt. In Haidach beträgt der Füllstand gerade einmal 19 Prozent, weil zwei Drittel des Speichers, die von der Gazprom Tochter GSA vermarktet werden, praktisch komplett leer sind. Seven Fields, das von Uniper betrieben wird, war zuletzt zu 40 Prozent voll. Hier wurde zuletzt sechs Tage in Serie ausgespeichert.

Rückgang bei Gasverstromung

In den vergangenen Tagen kam Erdgas auch in der Verstromung seltener zum Einsatz, wie Daten der Fraunhofer-Plattform Energy-Charts belegen. Demnach erzeugten Gaskraftwerke in diesem Monat bislang 1,8 TWh Strom. Hochgerechnet auf den gesamten Monat wären es etwa 3,2 TWh. Zum Vergleich: Im Vorjahreszeitraum waren es noch 3,5 TWh, im Juli 2020 sogar 5,7 TWh.

Auch im Vergleich zu den Vormonaten lässt sich ein Rückgang beobachten. Im Mai wurden 4,0 TWh Strom aus Gas gewonnen, im Juni sogar 4,2 TWh.

Braunkohle Stromquelle Nummer eins

Auch prozentual ging der Erdgasanteil am deutschen Strommix zurück. Bislang machte Strom aus Erdgas etwa acht Prozent aus. Damit fiel der Energieträger in der Bilanz hinter die Steinkohle zurück. Im Juni lag der Erdgasanteil noch bei elf Prozent, im Juli 2021 bei neun Prozent.

Diesen Juli half bislang, dass Photovoltaik- und Windkraftanlagen überdurchschnittlich viel Strom erzeugten und erneuerbare Energien auf einen Gesamtanteil von 53 Prozent kamen – ein Rekordwert für den Juli. Wichtigste Stromerzeugungsquelle war diesen Monat bislang einmal mehr die Braunkohle mit einem Anteil von 21,4 Prozent. (aba)