Gas

EWE fährt L-Gas-Importe aus Groningen deutlich zurück

Der Oldenburger Energieversorger will einen Großteil seiner L-Gas-Abnahmemengen durch H-Gas ersetzen. Millioneninvestitionen in eine Misch- und eine Konvertierungsanlage sollen dieses dann auf L-Gas-Niveau umwandeln.
15.02.2018

EWE-Chef Stefan Dohler hat eine massive Verringerung der L-Gas-Abnahmemengen aus Groningen angekündigt.

Der Energiekonzern EWE zieht Konsequenzen aus den andauernden Unsicherheiten bezüglich der künftigen L-Gas-Liefermengen aus dem niederländischen Feld in Groningen. Weil die Gasförderung wiederholt zu Erdbeben in dieser Region geführt hat - zuletzt im Januar -, erwägen die Niederlande eine Halbierung der jährlichen Fördermengen auf maximal zwölf Mrd. Kubikmeter. "Aufgrund der aktuellen Ereignisse, die uns tief bewegt haben, haben wir angeboten, unsere Abnahme von L-Gas sehr kurzfristig um 75 Prozent zu vermindern und durch die entsprechende Menge an H-Gas  zu ersetzen", erklärte der neue Vorstandsvorsitzende der EWE AG, Stefan Dohler, im Anschluss an einen Besuch beim niederländischen Minister für Wirtschaft und Klima, Eric Wiebes, in Den Haag. Damit könne die heutige Produktionsobergrenze im Gasfeld Groningen signifikant um acht Prozent abgesenkt werden. Die jährliche Verringerung der Abnahmemenge von EWE in Höhe von knapp 1,7 Mrd. Kubikmeter soll durch Investitionen von rund 20 Mio. Euro in eine Misch- und eine Konvertierungsanlage kompensiert werden. Diese sollen es ermöglichen, H-Gas mit L-Gas miteinander zu vermengen sowie H-Gas mit Stickstoff auf L-Gas-Niveau zu konvertieren. Dieses kann dann an die Kunden ausgeliefert werden.

Mischanlage ist bereits im Netzentwicklungsplan angemeldet

Im Netzentwicklungsplan ist bereits die Mischanlage als Maßnahme vorgesehen und damit bei der Bundesnetzagentur angemeldet. Für die weiteren Investitionen befindet sich das Unternehmen nach eigenen Angaben in intensiven und konstruktiven Gesprächen mit den deutschen Behörden. Die erste Anlage wird nach heutigem Stand im zweiten Quartal des kommenden Jahres in Betrieb gehen, die zweite voraussichtlich Ende 2019. EWE bezieht seit 1962 Gas aus Groningen. Im Versorgungsgebiet der EWE nutzen 800000 Haushalte oder zirka zwei Mio. Menschen L-Gas. Rund 75 Prozent der Lieferungen für diese Kunden komnmen direkt aus Groningen, das übrige Gas stammt aus kleinen Feldern in Deutschland. Der Versorger ist über Oude-Statenzijl direkt an das Gasfeld angeschlossen, Oldenburg unterhält zudem eine Städtepartnerschaft mit der Kommune in Nordholland. "Nach 55 Jahren verlässlicher geschäftlicher Verbindung sehen wir uns in der Pflicht, über Landesgrenzen hinweg zum sicheren Leben aller Menschen in dieser Region beizutragen", erklärte Dohler.

L-Gas-Pipeline wird umgelegt

Seit dem schweren Erdbeben in der Region Groningen Anfang diesen Jahres hat EWE die Planungen eines bereits anvisierten Projektes beschleunigt. Dabei geht es um die Umlegung einer L-Gas-Pipeline im Rahmen einer Hochwasserschutzmaßnahme an der Westerwoldschen Aa. Um die L-Gas-Abhängigkeit zu verringern baut der Versorger nun zusätzlich zur L-Gas eine H-Gas-Pipeline und verbindet beide mit einer Mischanlage. Diese vermengt das L- und H-Gas so miteinander, dass es vom kalorischen Wert her noch immer für L-Gasgeräte verwendet werden kann. Dadurch wird der L-Gas-Bedarf um 835 Mio. Kubikmeter reduziert, die neue Installation soll im zweiten Quartal 2019 zur Verfügung stehen. Die Maßnahme kostet rund zehn Mio. Euro, hinzukommen jährliche Betriebskosten von 100000 Euro. Im März wollen die Oldenburger eine Finanzierung für das Vorhaben bei der Bundesnetzagentur beantragen.

Einbeziehung flexibler Gasspeicherstandorte für Flachförderung in Groningen

Die Mischanlage soll auf dem Gelände der GTG Nord in Leer installiert werden. Dort hat EWE  mittlerweile auch mit dem Bau einer Stickstoffanlage begonnen. Diese soll H-Gas in L-Gas umwandeln, dadurch sollen weitere 850 Mio. Kubikmeter eingespart werden können. Der bau der Konvertierungsanlage soll bis Ende 2019 abgeschlossen sein. Die Kosten werden mit zehn Mio. Euro veranschlagt, hinzukommen Betriebskosten von drei Mio. Euro jährlich. Um eine geringere und stabilere Förderung in Groningen zu erreichen, bietet EWE zudem an, seine flexiblen Gasspeicherstandorte im Nordwesten Deutschlands in eine integrale Lösung einzubringen. Die Speicher umfassen 2,1 Mrd. Kubikmeter, die Hälfte davon ist an Dritte vermietet.

Ab 2027 plant EWE überhaupt kein Gas mehr aus Holland zu benötigen

EWE habe bereits vor einiger Zeit damit begonnen, seine Kunden technisch auf H-Gas umzustellen, im vergangenen Jahr wurde mit dem Umbau der ersten 100000 Geräte begonnen. "Ab dem Jahr 2027 werden wir überhaupt kein Gas mehr aus der Groningen-Produktion benötigen", versicherte der EWE-Chef. Die Tochtergesellschaft EWE Netze hatte  Anfang diesen Monats den offiziellen Startschuss für die Erdgasumstellung in der Region Ems-Weser-Elbe gegeben. Der Netzbetreiber muss in den nächsten Jahren geschätzte 700000 Gasgeräte manuell erfassen, überprüfen und eventuell an das alternative H-Gas anpassen. Allein bei EWE Netz wird dies rund 300 Millionen Euro kosten, die eigene Region auf das alternative H-Gas einzustellen. Weitere Inforamtionen gibt es unter www.ewe-netz.de/erdgasumstellung (hoe)