Gas

Gaspreise erreichen Fünf-Monats-Hoch

Grund sind neue Risiken bei russischen Gaslieferungen und höhere LNG-Preise sowie umfangreiche Wartungen in Norwegen. Die Risikoprämien für die Gaspreise könnten weiter steigen, sagt Gaskolumnist Joachim Endress.
23.05.2024

Joachim Endress ist Geschäftsführer des Beratungsunternehmens Ganexo, das sich auf Fragen des Gasmarkts spezialisiert hat.

Der österreichische Konzern OMV sprach am 22. Mai eine Marktwarnung aus, da die OMV-Zahlungen an Gazprom wegen eines Gerichtsurteils gepfändet werden könnten. Mittelfristig beziehungsweise vielleicht schon in den nächsten Wochen wäre dann mit einem Lieferstopp der russischen Pipeline-Lieferungen nach Österreich zu rechnen.

Details zum Gerichtsurteil benannte die OMV nicht. Welches Gericht welchem europäischen Energieunternehmen den Exekutionstitel erteilte, waren ebenso bis Donnerstagmittag nicht bekannt. Gleichzeitig erließ ein Gericht in St. Petersburg am Mittwoch ein Urteil gegen die OMW, dass diese 575 Mio. Euro zahlen müsste, sofern sie ein in Stockholm laufendes Schiedsverfahren gegen Gazprom fortführen sollte.

Preisausschläge erwartet

Derzeit liefert Gazprom durch die Ukraine täglich rund 400 GWh/Tag, was im Wesentlich am österreichischen Hub Baumgarten weiterverteilt wird. Ein möglicher Stopp der Lieferungen für Österreich könnte die russische Gaslieferung um rund ein Drittel reduzieren.

Dies sorgte am 23. Mai insbesondere am österreichischen CEGH für stärkere Preisausschläge. Der Spread zwischen CEGH und dem niederländischen TTF könnte sich daher vorübergehend deutlich erhöhen.

Ein erhöhter Spread zwischen CEGH und TTF könnte sich jedoch auch mittelfristig halten, da Österreich mehr Gas aus Deutschland importieren müsste und die kürzlich erhöhte Gasspeicherumlage sich dann stärker auf die Preise am CEGH auswirken könnte.

Krieg in der Ukraine

Die wochenlangen russischen Angriffe auf die ukrainische Energieinfrastruktur haben zuletzt für landesweite Stromausfällen gesorgt. Laut dem ukrainischen Betreiber Dtek sind 90 Prozent der Wärmeerzeugungskapazität zerstört. Stromimporte in Rekordhöhe stützen den Energiekomplex in Europa.

Die Gaskompressorstation in der ukrainischen Stadt Bilche-Volitsa Ende wurde letzte Woche von Russland angegriffen und massiv beschädigt. Bilche-Volitsa befindet sich in der Region Lviv im Westen des Landes und ist die zweitstärkste Gasverdichterstation in Europa.

Gestiegene LNG-Preise, schwache LNG-Importe

Wegen der anziehenden Nachfrage in China, steigendem Kühlungsbedarf und Einspeicherungsnachfrage in Asien stiegen die Gaspreise am asiatischen JKM zuletzt auf den höchsten Stand seit fünf Monaten.

Die LNG-Importe in Europa zeigten sich in der ersten Maihälfte recht schwach, legten aber in den letzten Tagen deutlich zu und erreichten zuletzt 80 LNG-Lieferungen. Bis zum Monatsende werden weitere 27 LNG-Lieferungen erwartet.

Damit würden sich auf Monatssicht die Importe auf das Tief aus dem März einpendeln, als insgesamt nur 106 LNG-Lieferungen importiert wurden. Im Vormonat April wurden insgesamt 129 LNG-Lieferungen importiert.

Wartungen in Norwegen

Am Dienstag waren die norwegischen Gasexporte mit 177 Mio. Kubikmeter auf ein neues Jahrestief und zugleich auf den tiefsten Stand seit September 2023 gefallen. Wegen der Wartungen in den Anlagen Kollsnes, Karsto und im Trollfeld war am Dienstag die wartungsbedingte Kürzung der norwegischen Gasexportkapazität auf knapp 177 Mio. Kubikmeter gestiegen.

Die Gasflüsse aus Norwegen erholten sich am Donnerstag wieder auf knapp 270 Mio. Kubikmeter, die wartungsbedingten Ausfälle reduzieren sich wie geplant auf rund 75 Mio. Kubikmeter. Die erste Wartungsperiode soll am 3. Juni enden, bis dahin werden Kürzungen von 40- 50 Mio. Kubikmeter pro Tag erwartet.

Gasmarktexperte Joachim Endress schreibt für die ZfK eine wöchentliche Kolumne. Thema des vorangegangenen Artikels: Gasnachfrage auf Jahrestief, Einspeicherungen auf Jahreshoch

Info: Täglich aktualisierte Energiemarktdaten und -grafiken finden Sie hier im ZfK-Datenraum, der in Kooperation mit dem Berliner Datenspezialisten Energy Brainpool befüllt wird.