Gas

Glasherstellung: Mainzer Stadtwerke und Schott testen Einsatz von Wasserstoff

Das kommunale Unternehmen und der Glashersteller wollen die Produktion dekarbonisieren. Doch dafür braucht es Grünstrom in großen Mengen und Fördergelder.
14.12.2022

Die mobile Mischanlage der Mainzer Netze ist ein wichtiger Bestandteil des Projekts.

Der Technologiekonzern Schott hat ein Forschungsprojekt gestartet: Erstmalig testet er den großtechnischen Einsatz von Wasserstoff in der laufenden Glasproduktion. Kooperationspartner dabei sind die Mainzer Stadtwerke.

Zusammen den Mainzer Stadtwerken und dem Hygieneunternehmen Essity, sowie den Ländern Rheinland-Pfalz und Hessen will Schott Möglichkeiten für innovative dezentrale Wasserstofflösungen ausloten. Gemeinsam mit der rheinland-pfälzischen Umweltministerin Katrin Eder konnte ein erstes positives Zwischenfazit gezogen werden.

Wasserstoff statt Erdgas

Bei der energieintensiven Spezialglasproduktion entsteht der größte Anteil der CO2-Emissionen beim Schmelzprozess bei Temperaturen von bis zu 1700 Grad Celsius. Die Glaswannen werden vor allem mit Erdgas betrieben. Schott will auf die Nutzung fossiler Energieträger langfristig verzichten. Das Unternehmen setzt hier vor allem auf zwei Transformationspfade: die Elektrifizierung der Schmelzwannen auf Basis von Grünstrom und der Einsatz von grünem Wasserstoff.

Im Forschungsprojekt „H2-Industrie“ testet Schott bis Ende Dezember die Beimischung von Wasserstoff in großtechnischen Schmelzversuchen am Standort Mainz. Die Mainzer Stadtwerke unterstützen das Projekt mit einer mobilen Beimischstation, in der das Erdgas-Wasserstoff-Gemisch erzeugt wird. Schrittweise wird in der von der Mainzer Netze GmbH konzipierten und betriebenen Anlage der Wasserstoffanteil hochgefahren auf bis zu 35 Volumenprozent.

Hohe Temperaturen sind kein Problem

Der Test ist laut der Mitteilung absolute Pionierarbeit für die Glasindustrie, sodass sich das Expertenteam mit noch vielen offenen Forschungsfragen konfrontiert sieht, beispielsweise wie sich Wasserstoff auf die komplexen Schmelzprozesse und auf die Qualität der Produkte auswirkt. Bisheriges Ergebnis: Die notwendigen hohen Temperaturen, die für das Glasschmelzen benötigt wird, werden erreicht. Die Experten sind jetzt dabei, die Glasqualität der geschmolzenen Gläser vertiefend zu analysieren.

Jens Schulte begrüßt den Vorstoß des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz für Klimaschutzverträge. Diese staatlichen Verträge sollen die Entwicklung und Einführung von klimafreundlichen Technologien unterstützen.

Stadtwerke brauchen Förderung

„Als regionaler Energieversorger haben wir mit dem Energiepark Mainz bereits bewiesen, dass die Produktion von grünem Wasserstoff mit Hilfe unter anderem von Windstrom im großtechnischen Stil funktioniert“, lässt sich Daniel Gahr, Vorstandsvorsitzender der Mainzer Stadtwerke, zitieren. Die Stadtwerke hätten gezeigt, dass Wasserstoff in Haushalten und bei Gewerbebetrieben Erdgas zum Teil klimafreundlich ersetzen kann. Nun wolle man mit den Projektpartnern gemeinsam nach Lösungsmöglichkeiten suchen, wie eine wasserstoffbasierte Energieversorgung für die Industrie in der Region künftig aussehen könnte. „Dabei können wir uns eine ganze Reihe von dezentralen Lösungen vorstellen, dafür braucht es allerdings finanzielle Anschubhilfen.“

Die gewonnen Testergebnisse nutzt Schott, um seine Forschungen zur klimafreundlichen Transformation der Glasschmelze weiter voranzutreiben. Die Schmelzexperten planen im Jahr 2023 Tests mit 100% Wasserstoff im Labormaßstab.

Grünstrom dringend benötigt

Allerdings gelte es allerdings noch viele technologische und infrastrukturelle Hürden zu lösen. Die größte Herausforderung sei die Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff, der aus erneuerbaren Energien produziert wird. Um ihn im großen Maßstab in der Industrie nutzen zu können, brauche es den Aufbau einer kompletten Versorgungsinfrastruktur und den Ausbau erneuerbarer Energien, damit ausreichend Grünstrom zur Verfügung steht.  (amo)