Gas

London vergibt Hunderte neue Öl- und Gaslizenzen in Nordsee

Neuerdings wendet sich Premierminister Sunak verstärkt wieder Gas, Öl und Kohle zu. Umweltschützer warnen.
31.07.2023

Rishi Sunak ist seit Herbst 2022 Premierminister von Großbritannien.

Bis 2050 will Großbritannien seine Treibhausgasemissionen auf Null reduzieren. Lange trieben auch die Konservativen dieses Ziel voran. Doch neuerdings wendet sich Premierminister Sunak verstärkt wieder Gas, Öl und Kohle zu.

Premierminister Rishi Sunak kündigte am Montag Hunderte Lizenzen zur Förderung von Öl und Gas in der Nordsee an.

Zudem kommen aus den Reihen seiner Tories verstärkt Forderungen, die angekündigte Vorschrift zu verwässern, dass von 2030 an keine neuen Verbrenner mehr verkauft werden dürfen.

«Kulturkrieg gegen das Klima»

Die wichtigste Oppositionspartei Labour, die in Umfragen klar in Führung liegt, warf Sunak vor, er führe einen «Kulturkrieg gegen das Klima», um das Versagen seiner Tories in der Energiepolitik wettzumachen. Die nächste Parlamentswahl ist für 2024 geplant.

Die Konservativen setzen mit Nachdruck auf die Klima-Karte - und zeigen sich damit an der Seite des «kleinen Mannes», der Umfragen zufolge mit einigen umweltpolitischen Vorhaben unzufrieden ist.

35 Millionen Autofahrer

In einem Interview mit der Zeitung «Sunday Telegraph» stellte sich Sunak jüngst demonstrativ als Förderer der 35 Millionen Autofahrer Großbritanniens dar, wo zuletzt 46,5 Millionen Menschen als wahlberechtigt registriert waren.

Klimavorhaben stehen zur Debatte

Nun wittert Sunak seine Chance. Downing Street bestätigte, dass alle Minister «im Lichte einiger Herausforderungen bei den Lebenshaltungskosten » die bestehenden Zusagen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen prüfen.

Sunak betonte, alle klimaschützenden Maßnahmen müssten «verhältnismäßig und pragmatisch» sein, um zusätzliche Kosten und «Scherereien» für Verbraucher zu vermeiden.

Vorwürfe, die die Regierung unterlaufe ihr eigenes Ziel, bis 2050 die Treibhausgasemissionen auf Null zu reduzieren, weist Sunak zurück. Auch dann müsse noch ein Viertel des Energiebedarfs von Öl und Gas gedeckt werden, sagte er. Es sei aber klimafreundlicher, selbst zu fördern, als von «ausländischen Diktatoren» abhängig zu sein und die Brennstoffe um die halbe Welt zu verschiffen.

«Heute ist es wichtiger denn je, dass wir unsere Energiesicherheit stärken und diese Unabhängigkeit nutzen, um britische Haushalte und Unternehmen mit erschwinglicherer, sauberer Energie zu versorgen» - Premierminister Rishi Sunak

Umweltschützer zeigten sich von der Klima-Wende der Regierung empört. Oxfam nannte die neueste Entscheidung «heuchlerisch» und «gefährlich inkonsequent».

Mike Childs von der Organisation Friends of the Earth forderte mehr Förderung für Erneuerbare. «Hunderte neue Öl- und Gaslizenzen zu erteilen, wird die Flammen nur noch mehr anheizen», sagte Childs mit Blick auf die Waldbrände im Mittelmeerraum. Zur Energiesicherheit hingegen würden noch mehr Öl und Gas nicht beitragen, da sie nicht für die heimische Verwendung reserviert werden könnten.

«falsche Seite der Geschichte»

Doch auch in den eigenen Reihen stößt Sunak auf Widerstand. Der «grüne» Tory-Abgeordnete Chris Skidmore kritisierte, dass das Vorhaben ohne Debatte in der parlamentarischen Sommerpause verkündet worden sei. Fortschrittliche Wähler würden für Parteien stimmen, die die Umwelt schützen und nicht bedrohen. Sunak stehe auf der falschen Seite der Geschichte. (Benedikt von Imhoff, dpa/pfa)