Gas

Studie zum Wasserstoff-Potenzial der Metropolregion Nürnberg vorgestellt

In Sachen Wasserstoffforschung hat die Region schon heute einiges vorzuweisen. Doch in anderen wichtigen Bereichen gibt es noch Luft nach oben, heißt es in der Analyse.
07.03.2023

Nürnberg will vom Wasserstoff-Boom profitieren.

Eine neue Studie bescheinigt: Die Stadt und Metropolregion Nürnberg haben das Potenzial, zum Innovationszentrum für Wasserstoff-Technologien zu werden - verbunden mit neuen Chancen für Wertschöpfung und Beschäftigung. Nürnbergs Wirtschafts- und Wissenschaftsreferent Michael Fraas hat die Analyse mit dem Titel „Wasserstoff in der Metropolregion Nürnberg - Analyse der Kompetenzen, Chancen und Herausforderungen“ nun vorgestellt. Erarbeitet wurde sie vom Energie Campus Nürnberg gemeinsam mit den Partnern Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Technische Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm, ENERGIEregion Nürnberg e.V. und Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS im Auftrag des Wirtschafts- und Wissenschaftsreferats der Stadt Nürnberg.  

150 Akteure sind derzeit beim Thema Wasserstoff in der Metropolregion Nürnberg aktiv, davon 90 Unternehmen. Die Wasserstoff-Community konzentriert sich stark auf die Stadt Nürnberg - mit allein 25 Unternehmen mit Wasserstoff-Aktivitäten - sowie auf die umliegenden Städte und Landkreise. Die Chancen für weiteres Wachstum sind laut der Analyse groß: Es wird prognostiziert, dass die Metropolregion in der Wasserstoffwirtschaft bis 2030 zwischen einer Viertelmilliarde und einer Milliarde Euro an neuer Wertschöpfung generieren kann. 

Wasserstoff als Jobmotor

„Nürnberg hat das Zeug zur Technologie-Anbieterregion für zukunftsfähige Wasserstofftechnologien zu werden. Wasserstoff leistet bereits heute einen Beitrag zur regionalen Wertschöpfung, insbesondere durch den Export von Technologie und durch die Generierung von Wissen. Bis zu 8000 neue Jobs könnten in der Region in den nächsten Jahren entstehen; wenn wir unsere Karten richtig spielen. Kurzum: Wir sind Wasserstoff-Chancen-Region!“, so Fraas. 

Wasserstoff-Kernkompetenzen der Metropolregion Nürnberg liegen in den Bereichen Elektrolyse-Anlagen, Wasserstoff-Speicherung (insb. Liquid Organic Hydrogen Carriers) und Brennstoffzellen für stationäre sowie mobile Anwendungen. Ausgeprägt sind zudem komplementäre Wirtschaftszweige wie Maschinenbau, Verfahrenstechnik oder Industrial IoT. Am Standort Nürnberg hat sich ein Spitzenforschungs- und Entwicklungscluster um den Energie Campus Nürnberg und das Helmholtz-Institut Erlangen-Nürnberg für Erneuerbare Energien ausgebildet. 

Viele Wasserstoff-Patente

Im Benchmark mit den anderen Metropolregionen in Deutschland positioniert sich Nürnberg auf dem vierten Rang. Laut einer aktuellen Studie des Europäischen Patentamts und der Internationalen Energieagentur ist Nürnberg zudem TOP 5-Regionalcluster in Deutschland für Wasserstoffinnovationen, gemessen an der Zahl der Patentanmeldungen. 

Tassilo Schuster, Senior Project Manager am Fraunhofer IIS, sagt dazu in einer Pressemitteilung: „Der Schwerpunkt der hiesigen Wasserstoffwirtschaft wird in der produktbezogenen Wertschöpfungskette liegen, also in Entwicklung, Herstellung, Vertrieb und Export von spezifischen Wasserstoffschlüsseltechnologien.“ In den Mittelpunkt gestellt werden sollte die Ausbildung von Fachkräften, der Gestaltung einer wasserstoffaffinen Bildungs- und Forschungslandschaft mit einem direkten Transfer von Forschungsergebnissen in die Industrie und der Schaffung von begünstigten Rahmenbedingungen für Unternehmen.

Es fehlt an Großabnehmern

Die Studie beleuchtet zudem die Anwendungspotenziale von Wasserstoff in der Metropolregion Nürnberg. Die Region ist hierbei gegenüber anderen Regionen erst einmal im Nachteil, heißt es. Bei einem insgesamt geringeren Erzeugungspotenzial von Grünstrom aus erneuerbaren Energien gegenüber Gunstregionen in Küstennähe fehlen demnach vor Ort auch Großabnehmer für Wasserstoff; wie große Stahlwerke oder chemische Industrie. 

Bei einem forcierten Ausbau der erneuerbaren Energien könnte rechnerisch im Jahr 2030 mit überschüssiger elektrischer Energie grüner Wasserstoff durch Elektrolyse vor Ort im Umfang von ca. 9 bis 10 TWh erzeugt werden. 

Neue Strategien erarbeiten

Reinhard German von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, erläutert: „Es sind allerdings starke Schwankungen der verfügbaren Leistung mit sehr großen Leistungsspitzen zu erwarten. Bei maximalem Ausbau der erneuerbaren Energien und Batteriekapazitäten kann so im Jahr 2030 Elektrolyse in höchstens 32 Prozent der Zeit überhaupt betrieben werden und dies oft nur mit geringen Leistungen. Um den Überschuss komplett abzufangen, wären daher Elektrolyse-Anlagen mit sehr großer Leistung erforderlich, die dann wenig ausgelastet sind. Nimmt man aber die in der Metropolregion zu erwartende geringe Auslastung in Kauf und nutzt auch Leistungsspitzen der erneuerbaren Erzeugung, so besteht ein nicht unerhebliches Erzeugungspotenzial für Wasserstoff. Es ist daher wichtig, in der Zukunft kombinierte Betriebsstrategien für die Anlagen im Energiesystem zu identifizieren, insbesondere für Batterien und Wasserstoffspeicher.“

Mögliche Anwendungsszenarien für grünen Wasserstoff liegen laut der Analyse in der regionalen Papier-, Glas- und Metallindustrie sowie perspektivisch im Schwerlastverkehr und in der Nutzung von Elektrolyseuren zur Stabilisierung des Stromnetzes. Gute Standorte für Wasserstofferzeugung finden sich dort, wo der Wasserstoff und Nebenprodukte der Elektrolyse (Wärme, Sauerstoff) direkt genutzt werden können, so z.B. in der Nähe von Kläranlagen oder Fernwärmenetzen. 

Wasserstoff in der Prozesswärme

„Auch wenn heute klar ist, dass sich Wasserstoff für große Teile des Mobilitätssektors aus Effizienzgründen nicht durchsetzen wird, gibt es doch große Bereiche der energieintensiven Industrie, die sich auf absehbare Zeit nicht elektrifizieren lassen“, gibt Jürgen Karl vom Lehrstuhl für Energieverfahrenstechnik an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg zu bedenken. „Vor allem die Prozesswärmeerzeugung kann auf Wasserstoff oder Wasserstoffderivate oft nicht verzichten.“  Wird der Mobilitäts- und Logistiksektor genauer betrachtet, so ergeben sich laut der Mitteilung ganz spezifische Anwendungsfelder, bei denen sich Wasserstoffantriebe lohnen können. (amo)