Strom

Bau von Ökostromanlagen dauert immer noch Jahre

Bis 2045 soll Deutschland klimaneutral werden. Der Umbau der deutschen Energieversorgung soll höchste Priorität haben. Doch Genehmigung und Bau großer Wind- und Solarparks dauern nach wie vor Jahre.
24.03.2024

Solarpark im mittelfränkischen Kammerstein, Landkreis Roth (Bayern).

Ungeachtet aller politischen Absichtserklärungen zur Energiewende bleibt der Bau neuer Wind- und Solarkraftwerke nach Angaben eines der führenden Unternehmen der Branche ein mühsamer Prozess von jahrelanger Dauer - allerdings nicht nur in Deutschland. "Die erwartete Geschwindigkeit beim Ausbau der erneuerbaren Energien passt mit der Realität leider noch nicht zusammen", sagte Michael Kohn, Leiter der weltweiten Projektfinanzierung der Baywa r.e.

"Bei Solaranlagen vergehen von der Planung bis zum Bau oft bis zu fünf Jahre. Windanlagen sind komplexer in der Genehmigung. Da kann es noch länger dauern." Der Manager betonte jedoch, dass das auch für andere Länder gilt: "Nicht nur in Deutschland, sondern in vielen Märkten." Das Münchner Unternehmen plant und baut mit weltweit 5400 Mitarbeitern international Wind- und Solarparks.

Nötige Verfünffachung der jährlichen Investitionen

Die Bundesregierung will 80 Prozent des deutschen Stromverbrauchs bis 2030 aus erneuerbaren Energien decken. Dass der Ausbau schneller voranschreiten müsste, um dieses Ziel zu erreichen, ist in der Branche Konsens - ebenso, dass die Bürokratie zu den Hemmschuhen zählt.

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft, der Verband kommunaler Unternehmen und die Unternehmensberatung Deloitte hatten im Herbst geschätzt, dass sich die jährlichen Investitionen in die Energiewende bis 2030 im Vergleich zu 2022 knapp verfünffachen müssten: von 22 Milliarden auf 100 Milliarden Euro.

Personalmangel in den Genehmigungsbehörden

Abgesehen vom Kapitalbedarf würde das auch Mehrarbeit für die Behörden bedeuten. Doch diese sind nach Einschätzung der Baywa r.e. schon beim derzeitigen Tempo an der Kapazitätsgrenze: "Das lässt sich nicht von jetzt auf gleich beschleunigen und am Ausbaubedarf ausrichten, unter anderem wegen Mangels an Personal in den Ämtern, die die Genehmigungen bearbeiten", sagte Kohn.

In Deutschland machten zudem Widersprüche und Klagen die Verfahren schwerer und zeitlich wie inhaltlich unkalkulierbarer. Widerspruchs- und Klagemöglichkeiten seien sehr wichtig, aber "sollten sich nach unserer Auffassung auf die wichtigen und schützenswerten Bereiche beschränken", sagte Kohn. "Wir sehen Klagen von Anwohnern, die legitime Anliegen haben, etwa was Schall und Schattenwurf einer Windanlage betrifft." Diese Bedenken würden am besten vorher im Dialog beziehungsweise im Rahmen des Genehmigungsverfahrens ausgeräumt. "Es ist aber oft so, dass häufig um der Klage willen geklagt wird, auch wenn es keine Erfolgsaussichten gibt. Eine Klage bedeutet meist eine Verzögerung von bis zu mehreren Jahren."

Finanzierung in Deutschland einfacher

Nächstes großes Hemmnis sei in vielen Märkten der Netzanschluss. "Da entsteht häufig ein Flaschenhals bei der Verfügbarkeit von Netzanschlusskapazitäten. Teilweise werden Anschlusspunkte zugewiesen, die viel zu weit weg sind vom eigentlichen Projekt."

Die Finanzierung neuer Ökostromanlagen aber ist nach Kohns Worten in Deutschland in der Regel jedoch weniger aufwändig als im Ausland: "Anstelle eines umfangreichen externen Beratungsbedarfs – unter anderem rechtlich, steuerlich, technisch, versicherungsrechtlich – wie im internationalen Umfeld recht üblich, erfolgt die Projektprüfung in Deutschland in aller Regel innerhalb der Bank ohne zu Hilfenahme externer Berater", sagte der Finanzierungsfachmann. "Damit werden schon mal sehr zeitkritische und inhaltlich oft komplexe Arbeitspakete verkürzt." (dpa/hcn)