Strom

Berechnungsmethode auf dem Prüfstand

Die Europäische Kommission untersucht den Stromhandel zwischen Dänemark und Deutschland. Tennet schränke den Stromfluss ein, befindet die Brüsseler Behörde. Laut Tennet geht es in dem Verfahren aber um die Berechnungsmethode – und die wendet jeder Übertragungsnetzbereiber in Europa an.
19.03.2018

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Die Europäische Kommission untersucht derzeit beispielhaft an der deutsch-dänischen Grenze den Stromaustausch und den Stromhandel für alle grenzüberschreitenden Netzpunkte in Europa. Laut Kommission soll der deutsche Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) Tennet an der Grenze zu Dänemark die Stromübertragungskapazitäten begrenzt haben. Sollte sich dies bestätigen, dass Tennet den Netzfluss beschränke, dann liege ein Verstoß gegen die EU-Kartellvorschriften in Form des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung (Artikel 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union) vor – schließlich werden ausländische Stromerzeuger benachteiligt und der Strombinnenmarkt segmentiert, schreibt die Kommission in einer Pressemitteilung. 

Der Übertragungsnetzbetreiber Tennet sieht die Situation anders: Das Unternehmen erklärte, dass die Transportkapazitäten zwischen Ländern im Zuge der Marktliberalisierung und der Energiewende an vielen Grenzen mittlerweile knapp seien. Die Kommission untersuche nun exemplarisch die Berechnungsmethodik für die Kapazitäten der Verbindungsleitungen zwischen Deutschland und Westdänemark. Bei der Prüfung gehe es darum, ob die Berechnung von Kapazitäten ausländische Anbieter benachteilige, schreibt Tennet in einer Pressemitteilung. Die Crux dabei: Diese Methode ist nach europäischem Recht genehmigt und wird von allen ÜNB in Europa an allen Grenzen angewandt, erklärte eine Tennet-Sprecherin gegenüber der ZfK. Damit werde die Untersuchung zum Präzedenzfall für alle Grenzverbindungen in Europa.

Begrenzte Kapazitäten

Fakt ist: Die Transportkapazität an der deutsch-dänischen Grenze sind aktuell durch den raschen Zubau der Erneuerbaren zeitweise beschränkt. Dies werde sich mit dem Netzausbau ändern. Die grenzüberschreitende Transportkapazität wächst bis 2021 durch die Westküstenleitung und die Mittelachse auf etwa 9000 MW an, erklärte die Sprecherin. Zudem habe Tennet in Schleswig-Holstein mit zahlreichen Maßnahmen die Transportkapazität erhöht: Flächendeckend installiert in Schleswig-Holstein ist beispielsweise das Freileitungsmonitoring.

Außerdem habe Tennet Mitte 2017 mit dem dänischen Übertragungsnetzbetreiber ein koordinierte Handelsprogramm gestartet, dass bis 2020 die für den Markt verfügbare Handelsübertragungskapazität zwischen Deutschland und Westdänemark schrittweise auf 1100 MW erhöht. Aktuell liegt es bei 700 MW.

Neue Richtlinie durch das Clean Energy Package

Die Erhöhung des Handelsvolumens ist zudem wichtig: Schließlich soll das Clean Energy Package die Rahmenbedingungen für den Stromhandel neu regeln. Dazu gehört, dass durch eine Änderung der Vorschriften zu grenzüberschreitenden Kapazitäten dafür gesorgt werden soll, dass die größtmögliche Kapazität zur Verfügung gestellt wird. Bis 2025 soll ein Zielwert von 75 Prozent angepeilt werden. (al)

Anm. d. Red.: Dieser Artikel wurde am 20. März um 15.37 Uhr mit Informationen der Europäischen Kommission ergänzt und neu aufgesetzt.