Strom

"Die größte Schwierigkeit ist die Lastaufnahme durch das bestehende Stromnetz"

PV-Carports haben großes Potenzial und sind eine Alternative zu Dachsolaranlagen. Im Baurecht und beim Netzanschluss warten noch Tücken. Doch bei der Ladeinfrastruktur gibt es einen Trend.
21.08.2024

PV-Carports können für Unternehmen und öffentliche Einrichtungen interessant sein. (KI-Bild)

PV-Anlagen sind längst kein exklusives Geschäft der Energieversorger mehr. Immer mehr Startups treten in den Markt, aber auch etablierte Unternehmen aus anderen Branchen. Ein gutes Beispiel sind die Heinrich Meyer-Werke. Das mittelständische Unternehmen aus der Lüneburger Heide (Niedersachsen) stellt seit fast zweihundert Jahren Fenster und Türen her, später auch Carports. Seit dem vergangenen Jahr bietet das Unternehmen nun auch PV-Carports an, also Solaranlagen als Stellplatzüberdachungen.

Unter den ersten Kunden befinden sich viele energieintensive Unternehmen, etwa Wäschereien, Stahl- oder auch Papierfabriken, wie Business Development Manager Torben Dehning der ZfK sagte. Zwar verfügen viele dieser Unternehmen über große Lagerhallen. Allerdings eignen sich die Gebäudedächer, etwa aus Gründen der Statik, oft nicht für Solaranlagen. "PV-Carports sind hier eine gute Alternative und bieten vielfache Möglichkeiten: Als Unternehmen kann ich meine Mitarbeiter witterungsgeschützt parken lassen."

Passende Größe

Bei hohem Eigenverbrauch ließen sich zudem Stromkosten senken und die eigenen CO2-Emissionen verringern. "Wir schauen uns im Vorfeld die Lastprofile der Unternehmen genau an, um die PV-Anlagen passend zu dimensionieren", so Dehning. Stromspeicher lohnten sich bei Spitzenlasten ab 150 kWp bislang eher nicht.

Ein weiterer Vorteil von Carports sei, dass keine neuen Flächen, etwa Felder oder Ackerland, versiegelt werden müssten. Denn bereits versiegelte Flächen und damit potenzielle Standorte für PV-Carports sind in Deutschland ausreichend vorhanden. So gibt es laut Schätzungen rund 360.500 Parkplätze, das entspricht einer Fläche von rund 47.000 Hektar. Würde man diese mit PV-Carports bebauen, käme eine installierte Leistung von über 50 Gigawatt (GW) zustande.

Stolpersteine im Baurecht

Gerade die öffentliche Hand verfügt über eine Vielzahl in der Regel vollends versiegelter Parkflächen. "Die Kommunen kämpfen allerdings auch mit Herausforderungen", sagt Dehning. "Die größte Schwierigkeit ist die Lastaufnahme durch das bestehende Stromnetz." Auch die Bauplanung sei oft ein Stolperstein.

So würden beim Neubau von öffentlichen Einrichtungen mögliche PV-Anlagen häufig miteinbezogen. "Bei Bestandsgebäuden sehen die Bauleitpläne die Überdachung mit PV-Anlagen allerdings meist gar nicht vor." Dadurch dauerten Genehmigungsverfahren ähnlich lange wie bei Freiflächen-Anlagen, wo erst die Bebauungspläne geändert werden müssten.

Individueller Netzanschluss

Weitere Hürden gebe es zudem beim Netzanschlussprozess. "Jedes Stadtwerk hat einen neuen Ablauf, wie die Anmeldung einer PV-Anlage erfolgt", so der Experte für PV-Carports. Selbst wenn für die neue Anlagen lediglich eine Nulleinspeisung vorgesehen sei, müsse der Netzbetreiber immer eingeschaltet werden.

Zusätzlichen Schwung könnte auch die Solarpflicht in bisher drei Bundesländern bringen. Diese gilt für Unternehmen meist ab einer Größe von 35 Stellplätzen. Allerdings sei hier noch im Einzelfall zu prüfen, ob es Ausnahmen gebe, meint Dehning. Etwa, ob die Pflicht entfalle, weil sich ein Bauprojekt deshalb wirtschaftlich nicht lohne.

Contracting-Modelle im Trend

Wirtschaftliche Argumente für PV-Carports dürfte hingegen eindeutig die E-Mobilität bringen. Sei es für die eigenen Mitarbeiter oder für das öffentliche Ladenetz. "Gerade in Verbindung mit Carsharing-Angeboten dürfte das auch für Kommunen interessant werden", so Dehning. "Entscheidend ist immer, den Strom möglichst lokal zu verbrauchen." Bei Projekten von Stadtwerken kämen dabei zunehmend auch Contracting-Modelle zum Einsatz, beobachtet der Unternehmensvertreter. "Das sind Themen, die sich in den nächsten zwei, drei Jahren noch weiter entwickeln werden."

Die Heinrich Meyer-Werke sind bundesweit aktiv, haben aber einen Schwerpunkt in Norddeutschland. Rund 20 der  insgesamt 250 Mitarbeiter im Unternehmen beschäftigen sich mit Solaranlagen. Mit erneuerbaren Energien hat sich der Mittelständler schon bei Blockheizkraftwerken in der eigenen Wohnungswirtschaft beschäftigt. Die Kopplung von BHKWs und PV-Anlagen ist auch hier langfristig eine Perspektive. (jk)