Strom

EEG-Novelle bedroht Weiterbetrieb von einer halben Million PV-Anlagen

Das EEG 2021 sieht massive Veränderungen für PV-Prosumer-Anlagen vor. Für viele Altanlagen könnte der Weiterbetrieb dank Messtechnik und EEG-Umlage unwirtschaftlich werden.
16.11.2020

Vor allem die Kleinanlagen treffen die Neuregelungen im EEG hart.

In den kommenden zehn Jahren droht die Stilllegung von bis zu 447.000 noch funktionsfähigen Solarstromanlagen in Deutschland. Dies geht aus einem heute veröffentlichten Gutachten hervor. Im Auftrag der Solar- und Speicherbranche untersuchten die Wissenschaftler, welche Auswirkungen der vorliegende Gesetzesentwurf zur EEG-Novelle auf den Weiterbetrieb ausgeförderter Solarstromanlagen hat.

Martin Ammon, Studienleiter und Geschäftsführer von EUPD Research: „Die Mehrzahl der Betreiber werden ihre Solaranlagen abschalten, sobald sie nach 20 Jahren aus der Förderung fallen, da sich ihr Weiterbetrieb dann nicht mehr rechnet. Ursache dafür sind geplante neue Auflagen zum Einbau teurer Messtechnik sowie die finanzielle Belastung selbst verbrauchten Solarstroms mit der EEG-Umlage. Technisch hingegen wäre der Weiterbetrieb dieser in den Nullerjahren errichteten Solarstromanlagen mindestens für weitere zehn Jahre möglich und klimapolitisch sinnvoll“.

Das Kurzgutachten der Bonner Marktforscher zeigt auch, dass ein Weiterbetrieb ausgeförderter Solaranlagen ohne eine Anschlussförderung für Betreiber durchaus möglich wäre, wenn auf neue Gesetzesauflagen verzichtet wird. Nach übereinstimmender Auffassung von Solarwirtschaft und Netzbetreibern sei die vom Bundeswirtschaftsministerium geplante Nachrüstung teurer Messtechnik für kleine Solaranlagen unverhältnismäßig und ohne Mehrwert für die Netzstabilität. Eine Belastung von vor Ort selbst verbrauchtem Solarstrom mit der EEG-Umlage verstoße zudem gegen EU-Recht. Das ergab ein vom Bundesverband Solarwirtschaft e. V. (BSW) vorgelegtes Rechtsgutachten.

„Ein wirksamer Klimaschutz braucht jedes verfügbare Megawatt an Solarleistung. Der Bundestag muss jetzt einen barrierefreien Weiterbetrieb ausgeförderter Solaranlagen sicherstellen und den Gesetzesentwurf entsprechend überarbeiten. Es wäre weder trag- noch vermittelbar, dass Energiekonzerne klimaschädliche Kohlekraftwerke noch bis ins Jahr 2038 betreiben dürfen und großzügige Stilllegungsprämien erhalten, gleichzeitig aber hunderttausende kleine Solaranlagenbetreiber eine ,Sonnensteuer‘ entrichten müssen und ihnen der Stecker gezogen wird,“ meint BSW-Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig.

Rückendeckung erhält der BSW bei seinen Forderungen inzwischen vom Bundesrat und von zahlreichen Bundestagspolitikern der großen Koalition. Die Länderkammer forderte Anfang November den Bundestag mehrheitlich auf, Solarstromanlagen mit einer Leistung von bis zu 7 kWp von der Pflicht zum Einbau intelligenter Messsysteme zu befreien und den Selbstverbrauch von Solarstrom bei einer Anlagenleistung von bis zu 30 kWp von der Pflicht zur Zahlung der EEG-Umlage zu verschonen.

Sollten Nachbesserungen am Gesetzesentwurf ausbleiben, so werden nach EUPD-Prognosen bis zum Jahr 2030 3,37 GW Solarleistung vorzeitig stillgelegt. Damit verbunden wäre ein Produktionsausfall von rund 26 Mrd. kWh Solarstrom. Das entspricht dem Jahresstromverbrauch von rund 10 Millionen deutschen Durchschnittshaushalten. Damit verbunden wären 6,4 Mio. Tonnen zusätzliche CO2-Emissionen und ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden auch für die Speicher- und E-Mobilitätsbranche. Die Bonner Marktforscher rechnen in diesem Bereich mit Umsatzverlusten von insgesamt über einer Milliarde Euro in den 20er Jahren. (lm)